6 |DONNERSTAG,20. FEBRUAR 2020 International DERSTANDARD
Quarantäne auf
Kreuzfahrtschiff zu Ende
Yokohama –Nach zweiwöchiger
Quarantäne durften am Mittwoch
in Japan die ersten Passagiere des
Kreuzfahrtschiffes Diamond Prin-
cess an Land gehen. Die Ausschif-
fung der rund 3000 Menschen an
Bord soll mindestens drei Tage
dauern. Anlass der Quarantäne
waren mit dem Coronavirus Infi-
zierte an Bord. Bis Mittwoch wur-
den bei 621 Passagieren Infektio-
nen nachgewiesen. (dpa)
ChinaweistReporter des
„Wall StreetJournal“ aus
Wien/Teheran–Aus Protest über
einen als beleidigend empfunde-
nen Kommentar im Wall Street
Journal in SachenCoronavirus
weistChinadreiKorrespondenten
der Zeitung aus. Ihnen wurde die
Akkreditierung entzogen. Es ist
das erste Mal in der jüngeren Ge-
schichte der Volksrepublik, dass
mehrere Korrespondenten eines
internationalen Mediums des
Landes verwiesen werden. (red)
Schallenbergsprichtbei
Iran-Reise überAtomdeal
Wien/Teheran –Außenminister
Alexander Schallenberg trifft am
Sonntag im Iran mit Präsident
Hassan Rohani und Außenminis-
ter Mohammad Javad Zarif zusam-
men. Die Reise erfolgt im Zusam-
menhang mit Versuchen der EU,
im Atomstreit zwischen Washing-
ton und Teheran zu vermitteln.
Zuletzt hatte sich der EU-Außen-
beauftragte Josep Borrell als Ver-
mittler versucht. (APA)
Seit einem Jahr sindMatthias
SchweighöferundRuby O. Feeein
Paar. Ersterer plant bald den
nächsten Schritt. „Wir werden
uns sicher verloben, aber ein
Termin steht noch nicht fest“,
sagte der 38-jährige Schauspie-
ler der Bunten.
Ebenfalls dieser Zeitschrift sag-
teCharlize Theron,dass ihre zwei
Adoptivkinder sie ziemlich for-
dern würden. Das Härteste sei
der Schlafentzug gewesen, außer-
dem habe die Schauspielerin mit
Depressionen gekämpft. (red)
Nach ihrem
Aus als Voll-
zeit-Royals
sollKönigin
Elizabeth IIer-
wägen,Prinz
Harryund
Herzogin Meghandas
Nutzungsrecht ihrer Marke „Sus-
sex Royal“ zu entziehen. Laut
Daily Mail wird im Buckingham-
Palast darüber diskutiert. Grund-
sätzlich ist er sehr streng, wenn
es um die Verwendung des Zu-
satzes „royal“ geht. Foto: AFP
LEUTE KURZ GEMELDET
NigeriasJuden und derTraumvomeigenen Staat
ImSüdosten desLandes entstehen seit 30Jahren immer mehrSynagogen–VonIsrael anerkannt sind dieJuden jedoch nicht
Katrin Gänsler aus Owerri
N
isach Bai Ephraim ist
schüchtern. „Ich bin hier
im Bundesstaat Imo ver-
heiratet und habe ein Kind. Ich
bin Anfang 30 und Hausfrau“, er-
zählt sie langsam. In dem kleinen
Raum neben der Synagoge von
Owerri summt ein großer Venti-
lator, dessen Lärm ihre Stimme
immer wieder verschluckt. Um
die Mittagszeit ist die feucht-
schwüle Luft im Südosten Nige-
rias fast unerträglich. Die junge
Frau taut erst auf, als sie über
ihren Glauben spricht. Wunder-
voll sei das Judentum: „Diese
Religion ist die Wahrheit. Ich bin
sehr stolz auf meinen Glauben.“
Aufgewachsen ist Nisach Bai
Ephraim im Nachbarbundesstaat
Aba, wo sich die große Mehrheit
zum Christentum bekennt. Schon
als Kind kannte sie deshalb das
Gefühl,anderszusein,nichtsonn-
tags in die Kirchezugehen, keine
Kommunions-oder Konfirma-
tionsfeier zu haben. Ein Problem
seidasjedochnichtgewesen.„Alle
wussten, dass ich Jüdin bin. Ich
bin damit groß geworden.“
In Nigeria ist das eine Aus-
nahme. Erst seit rund 30 Jahren
entstehen vor allem im Süd-
osten des 200-Millionen-Einwoh-
ner-Landes Synagogen. Die nörd-
lichsten liegen in der Hauptstadt
Abuja, ein paar sind zudem in der
Millionenmetropole Lagos gebaut
worden. Religion spielt im Land
eine entscheidende Rolle, und
Diskussionen, ob es mehr Chris-
ten oder mehr Muslime gibt, ge-
hören zum Alltag und werden im-
mer wieder politisch genutzt.
„Verlorener Stamm Israels“
Damit konnte Hagadol Ephraim
Uba in den frühen 1980er-Jahren
irgendwann nichts mehr anfan-
gen. Bis er zum Judentum über-
trat, war er selbst christlicher
Prediger.Heute isterVorsitzender
der Vereinigung des jüdischen
Glaubens in Owerri. Dass sich
immer mehr zum Judentum be-
kennen, sei jedoch kein Trend,
sondern vielmehr eine Rückbe-
sinnung. „Wir sind der verlorene
Stamm Israels. Mose soll uns in
das gelobte Land führen.“
Wie viele Juden es in Nigeria
gibt, ist nicht klar. Einige spre-
chen von 30.000, in jüdischen
Kreisen fällt manchmal sogar die
Zahl von drei Millionen. Vom
israelischen Staat anerkannt sind
sie jedoch nicht. Auf dem afri-
kanischen Kontinent sind das seit
1975 die Beta Israel aus Äthio-
pien. Auch in Südafrika gibt es jü-
dische Gemeinden. In Nigeria so-
wie Ghana, Kamerun und Ruanda
wartenvieleMenschenvergeblich
auf eine offizielle Anerkennung.
Wer kein Kind einer jüdischen
Mutter ist, benötigt den Giur, den
Übertritt. Dafür ist eine mehrjäh-
rige Vorbereitung mit anschlie-
ßender Prüfung vor einem rabbi-
nischen Gericht nötig. Auf Hebrä-
isch zu beten und Gottesdienst am
Samstag, dem Sabbat, zu feiern
reichtnichtaus.DieAnerkennung
schließt nämlich auch das Recht
ein, nach Israel auszuwandern.
Das macht das 1950 beschlossene
Rückkehrergesetz möglich.
Unterstützung kommt statt-
dessen aus den USA. So motiviert
etwa die Organisation Kulanu mit
Sitz in New York kleine jüdische
Gemeinden weltweit. Sie hilft
beim Aufbau von Netzwerken und
verschafft weltweit Kontakte.
Dabei gibt es für Hagadol
Ephraim Uba zahlreiche Paralle-
len zwischen Israel und dem Süd-
osten Nigerias. „Israel wird von
der Welt gehasst, genau wie wir.“
In der Synagoge von Owerri ver-
bindet die Gemeindemitglieder
noch etwas anderes: Sie sind alle
Igbo. Mit 30 bis 40 Millionen
Menschen ist das eine der größten
ethnischen Gruppen des Landes,
die schon während des Biafra-
Krieges von 1967 bis 1970 für ihre
Unabhängigkeit gekämpft hat.
Bis heute ist der Traum vom
eigenen Staat groß, denn von der
nigerianischen Zentralregierung
fühlen sich viele benachteiligt.
Für die Juden von Owerri gilt das
auch für die Religion. „Anders
als Christen und Muslime be-
kommen wir keine Unterstützung
vom Staat. Auch wird in Nigeria
ausgerechnet am Sabbat, dem
Samstag, gewählt“, ärgert sich
Hagadol Ephraim Uba. Jüdisch zu
sein gilt deshalb auch als politi-
sche Aussage und vor allem als
Kritik an der Regierung.
Er hat den Boss der Bosse der CosaNostra,Totò Riina, zur Streckegebracht.
Jetzt wirderUmweltminister in der ’Ndrangheta-HochburgKalabrien:
Carabinieri-OberstSergio De Caprio,derstetsmit Gesichtsmaskeauftritt.
aus unerfindlichen Gründen dar-
auf verzichtet hatten, das Versteck
des Cosa-Nostra-Bosses zu durch-
suchen. Dadurch konnten die
Helfershelfer Riinas Beweise weg-
schaffen und vernichten. Capita-
Ein neuer Jobfür Capitano Ultimo
E
swar eine Szene, wie sie
heute nur noch in Italien
vorstellbar ist: Am Dienstag-
abend hat die neue Präsidentin
der Region Kalabrien, Jole Santel-
li, im römischen Abgeordneten-
haus ihren designierten Minister
für Umwelt vorgestellt. Auf der
Pressekonferenz erschien ein
Maskierter, im Hintergrund hiel-
ten sich unauffällig einige Per-
sonenschützer auf.
Beim kräftig gebauten Mann
mit den militärisch kurz geschnit-
tenen, grauen Haaren handelte es
sich um den 59-jährigen Carabi-
nieri-Oberst Sergio De Caprio, ge-
nannt Capitano Ultimo. Er fühle
sich geehrt, fortan dem kalabresi-
schen Volk dienen zu dürfen, ließ
der neue Umweltminister durch
seine Gesichtsmaske verlauten.
De Caprio war der Anführer
der Carabinieri-Sondereinheit ge-
wesen, die am 15. Jänner 1993
denSuperpaten der sizilianischen
Cosa Nostra, Totò Riina, festge-
nommen hatte. Der damals 32-jäh-
rige Spezialagent mit dem Code-
namen Capitano Ultimo hatte der
„Bestie“ persönlich die Hand-
schellen angelegt.
Er habe nichts verspürt, als
er dem hundertfachen Mörder in
die Augen blickte, sagte De Caprio
später. „Für uns war Riina ein Ge-
fangener, ein Verlierer. Er hatte
Angst wie alle anderen auch.“
Kein Gesicht für die Killer
Die Verhaftung des berühmten
Mafioso hat Capitano Ultimo im
ganzen Land zum Helden ge-
macht–und ihm gleichzeitig ein
Todesurteil der Cosa Nostra ein-
getragen. Deshalb die Gesichts-
maske, die er bei öffentlichen Auf-
tritten niemals ablegt: Die Mafia-
Killer sollen nicht wissen, wie er
aussieht.
De Caprio ist eine schillernde
und zugleich zwiespältige Figur.
Jahre nach der Verhaftung Riinas
wurde er selber wegen Begünsti-
gung der Mafia angeklagt, weil er
und sein damaliger Vorgesetzter
no Ultimo wurde zwar vom Mafia-
Vorwurf freigesprochen, doch das
Verfahren blieb ein Schatten auf
seiner Karriere.
Später diente er einige Jahre
im Auslandsgeheimdienst, dann
wurde er Chef der Carabinieri-
Einheit für Umweltdelikte (NOE).
Doch nach außen wirkten seine
Beförderungen immer wie Straf-
versetzungen.
De Caprios neue Dienstherrin,
Kalabriens Regionalpräsidentin
Jole Santelli, spekuliert darauf,
etwas vom Anti-Mafia-Ruhm
ihres neuen Umweltministers ab-
zubekommen. Das hat die lang-
jährige Vertraute von Ex-Premier
Silvio Berlusconi auch dringend
nötig: Auf den Wahllisten ihrer
Rechtskoalition, der auch die Lega
vonMatteoSalviniangehört,wim-
melte es nur so von Figuren, die
im Verdacht stehen, mit der kala-
brischen Mafia, der ’Ndrangheta,
gemeinsame Sache zu machen.
Bei den Wahlen vor drei Wochen
hatten mafiöse Schwergewichte
denn auch die Order gegeben,
Santelli oder der Lega die Stimme
zu geben.
Das Problem Müllentsorgung
Als ehemaliger NOE-Chef hat
De Caprio zweifellos das nötige
Rüstzeug für seinen neuen Job als
Umweltminister von Kalabrien:
Eines der größten Probleme der
von der ’Ndrangheta unter-
wanderten Region sind Umwelt-
delikte, insbesondere im Zusam-
menhang mit der Müll- und Ab-
wasserentsorgung.
Ohne Schmiergelder und ohne
Prozente an die Strohmänner der
Clans, die sich in der öffentlichen
Verwaltung von Region und Ge-
meinden eingenistet haben, geht
praktisch nichts. Das weiß auch
Capitano Ultimo. „Meine neue
Aufgabe ist eine große Heraus-
forderung. Aber ich werde die
Prinzipien anwenden, die mich
immer geleitet haben: Legalität,
Zivilisiertheit und Demokratie“,
erklärte De Caprio am Dienstag.
Wie Sergio De Caprio aussieht, sollen die Killer der Cosa Nostra nicht wissen.
Foto: Imago/Insidefoto
Dominik Straub aus Rom
Hagadol Ephraim Uba sieht
vieleParallelen zu Israel.
Foto: Gänsler