Der Standard - 20.02.2020

(Romina) #1

Chronik


Kü nstler des GrazerForum Stadtpark üben


eineWoche lang die autofreie Stadt.


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We ramMilliardendefizit der


GesundheitskasseSchuld trägt


FRAGE&ANTWORT

Seite8INNENPOLITIKSeite 11

DO., 20 .FEBRUAR2020 7


Chronik


Foto: APA/Scheriau


AlteTradition in neuen Kleidern


Heutegeht derWiener Opernball über die Bühne. Ganz derTraditiongemäß gab es schonvorab
die ersten Querelen. Gebrochenwerden dafür aber andereKonventionen.

Oona Kroisleitner

E


sgibt Ungemach. Für einen richtigen
Streit brauchte es wohl eine Reaktion.
Doch Maria Großbauer, ÖVP-National-
ratsabgeordnete und ehrenamtliche Organi-
satorin des Opernballs, hält sich zurück.
Esbegannso:Eigentlich,dasverkündetedie
Ehefrau der ersten Geige beiden Philharmo-
nikern, wollte sie sowieso von Beginn vor al-
lem Direktor Dominique Meyer unterstützen.
Weil es ebendiesennach Italien an die Mai-
länder Scala verschlägt, ist der heutige Opern-
ball auch Großbauers letzter, wie sie vor eini-
gen Wochenverkündete. Es hätte so einfach
hingenommen werdenkönnen–eswurde
aber nicht. Es ist schließlichder Ball der Bäl-
le, und der kommt schlecht ohne Skandal aus.
Es folgten: Gerüchte und Getuschel, dass
nach nur drei Jahren ein weiterer Wechsel
an der Organisationsspitze dazu geführt
habe, dass die „Ballmutti“ abgeschafft und
durch ein Komitee ersetzt werde. Auf Anfra-
ge desSTANDARDheißt es aus der Wiener
Oper lediglich, man wolle den anstehenden
Direktorenwechsel abwarten. Bogdan Roščić,
österreichischer Musikmanager,folgt Meyer
im Herbstals Oberhaupt der Oper.
Es geht weiter: Christian W. Mucha ist ein
österreichischer Verleger, der den Opernball
mag und auch gern seine Meinung sagt. Laut
Mucha ist an der Idee, ein Komitee den Ball
ausrichten zu lassen, Großbauer schuld–sie
ging laut Mucha gar nicht. „So ähnlich stel-
le ich mir die Kommunikation mit Kim Kar-
dashian, Hillary Clinton oder Anna Netrebko
vor ...“, schrieb der Verleger.
Großbauer wiederum kommentierte diese
Aussagen nicht.
Schließlich war da ein weiterer „Skandal“,
der auf die Ballorganisatorin zurückgeht.
Großbauer wird zu später Stunde das Kleid
ablegen. Das bedeutet aber nicht, dass die
Nationalratsabgeordnete nackt sein wird.
Viel schlimmer: Großbauer wird sich mit
einem Ständchen als Opernballchefin verab-
schieden und dabei einen Frack tragen. Der
istlautKleiderordnungjedocheigentlichnur
Männern vorbehalten.

Wobei Großbauer heute nicht die einzige
Frau sein wird, die statt Kleid Frack trägt. So-
phie Grau tut es ihr gleich. Und das wurde
gar von der Oper so gewünscht.

Erstmals eröffnet Frauenpaar
Wer Grau ist? Sie ist die eine Hälfte des
ersten gleichgeschlechtlichen Debütantin-
nenpaares, das den Staatsball eröffnet. Und
bei der Eröffnung steht eines für die Oper an
oberster Stelle: Das schwarz-weiße Schach-
brettmuster des Jungdamen-und-Jungher-
ren-Komitees muss eingehalten werden. „Im
Kontext einer recht strengen Kleidervor-
schrift fühle ich mich in maskuliner Klei-

dung wohler“, sagt Grau demSTANDARD.
Ihre Tanzpartnerin, die 22-jährige Iris Klop-
fer, bevorzuge hingegen das weiße Ballkleid.
Das heißt aber nicht, dass Grau in puncto Ge-
schenke leer ausgeht: „Wir haben bereits be-
schlossen, dass die Tiara und Manschetten-
knöpfe in den Gemeinschaftsbesitz überge-
hen, damit wir sie beide benutzen können.“
Dass die beiden Frauen aus Deutschland
so viel Medieninteresse erhalten, damit hät-
ten sie vorab nicht gerechnet. Nun freuen sie
sich „wenn der Trubel vorbei ist“, sagt Grau.
Ihr Auftritt sei aber „ein Schritt in die rich-
tige Richtung, und wir hoffen, dass sich in
Zukunft auch Paare in anderen Konstellatio-
nen bewerben können, ohne so nah und ge-
sondert betrachtet zu werden“, sagt die 21-
Jährige.
Genau betrachtet wird Jahr für Jahr auch
ein Mann. Also eigentlich die Frau an seiner
Seite. Bauherr Richard Lugner hatte heuer
nicht ganz so viel Glück vorab. Erst gab er be-
kannt, dass seine Favoritin abgesagt hatte,
präsentierte dann Skifahrerin Lindsey Vonn
als seine Begleitung–bei einer Pressekonfe-
renz inklusive Nacktfoto. Vonn sagte über
Twitter ab. Die Suche begann von neuem.
Beim nächsten Medientermin erhielt Lugner
einen Anruf: Seine Begleitung fühle sich
überrumpelt und wolle nicht, dass er so vor-
presche und sie der Welt öffentlich macht –
eventuell mit einem unautorisierten Foto.
Alleine muss der Bauherr allerdings nicht
zumBall. Tagsdaraufkam dieAnkündigung:
Die italienische Aktrice Ornella Muti kommt
zum Ball. Am Mittwoch kündigte diese vor
Journalisten an, es zumindest zu versuchen,
mit Lugner „ein Tänzchen zu wagen“.
Eine Absage erhielt auch die Oper: Der
Stardirigent Daniel Harding ist wegen eines
Krankheitsfalls verhindert und wird bei der
Eröffnung von James Conlon vertreten. Auch
nicht dabei: Bundeskanzler Sebastian Kurz
(ÖVP), er wird wegen des EU-Budgetgipfels
andernorts gebraucht.
pLive-Ticker, Podcast und Ansichtssachen zum
Opernball finden Sie aufderStandard.at

Der heutige Opernball
wird ihr letzter sein. Den
Terminus „Opernball-
mutti“ lehnte Chefin
Maria Großbaueraber
schon von Beginn an ab.
Organisatorinsei sie,
nicht die Mama eines
Events, sagte Großbauer,
als sie 2017 ihren ersten
Ball ausrichtete. Der Ter-
minusverschwand,wurde
als nicht mehr zeitgemäß
empfunden.IhreVorgän-
gerinnen hatten hingegen
kein gröberes Problem mit
dem Namen.Dawar etwa
Desirée Treichl-Stürgkh,die
von2008 bis 2016 acht
Jahre lang als Opernball-
mutti für den Ball zustän-
dig war. Die erste Organi-
satorinChristl Schönfeldt
richtete das Event von
1956 bis 1981 aus und
liebte es so sehr, dass sie
es bis 2012 besuchte.
Die wohl bekannteste
aller Opernball-Organisa-
torinnen war aber sie:
Burg-SchauspielerinLotte
Tobischorganisierte den
Ball von 1981 bis 1996.
Sie war aber weniger
Mutti als Grande Dame.
16 turbulente Jahre wa-
ren es–mit Anti-Opern-
ball-Demos auf der einen,
Staraufgebot auf der an-
deren Seite. (ook)

Der Opernball


und seineMuttis


CHRONOLOGIE


Fotos: APA (3), Reuters (1)

Sophie Grau und Iris Klopfer
(links)sind das erste reine
Frauenpaar, das den Opernball
eröffnet. Für Operndirektor
DominiqueMeyerundBallchefin
Maria Großbauer ist es der letzte
Ball, den sie organisiert haben
(oben). Richard Lugner und
Ornella Muti gehen gemeinsam.
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