Die Zeit - 27.02.2020

(nextflipdebug2) #1
Luisa Neubauer und
Greta Thunberg auf der
Demo in Hamburg am


  1. Februar 2020


Foto: Lars Berg/laif

»intransparente


kackscheiße«


Innerhalb der deutschen Fridays-for-Future-Bewegung gibt es


Unmut über den Umgang mit Finanzen VON HANNAH KNUTH


W


enn eine Bewegung keine
eingespielten Strukturen
hat, kann auch eine kleine
Idee zu großer Unordnung
führen. So wie der Einfall,
den Jakob Blasel im Febru-
ar 2019 auf einer Zugfahrt hat. Blasel, damals 18,
steht kurz vor einem Auftritt bei der ARD-
Sendung hart aber fair. Es ist der erste Besuch eines
Aktivisten von Fridays for Future (FFF) im deut-
schen Polittalk zur besten Sendezeit. Blasel telefo-
niert mit Louis Motaal, damals 19, der neben
Luisa Neubauer zu den wichtigsten Aktivisten der
Bewegung zählt, aber fast nie öffentlich auftritt.
Blasel und Motaal sind seit Jahren für den Klima-
schutz aktiv, sie kennen sich aus mit PR, und sie
nehmen sich vor: Die Reichweite von Frank Plas-
bergs Sendung wollen sie nutzen, um für Spenden
zu werben. Sie müssen nur noch ein Spenden-
konto für die Klimaaktivisten von FFF einrichten.
Louis Motaal bietet an, ein eigenes Fridays-
for-Future-Konto bei der Organisation anzu-
legen, für die er sich seit Jahren engagiert: der
Stiftung Plant for the Planet, die weltweit Bäume
für das Klima pflanzt.
Zwei Tage später ist es eröffnet.
Dieses Konto ist der erste Schritt hin zu
etwas, das sich in ein kompliziertes Finanzkon-
strukt verwandeln wird. Und das heute ein
Spiegel der nur lose organisierten Bewegung
aus Schülern und Studenten ist. Mit dem
Wachstum der Bewegung wächst die Zahl der
nahestehenden Vereine und Konten. Das pro-
fessionelle Management des Geldes aber entwi-
ckelt sich nicht so schnell. Die Jugendlichen
wollen eine friedliche Klimarevolution – und
wenn etwas zu einer Revolution nicht passt,
dann ist es: Buchhaltung.
Doch nun führt das Finanzgebaren innerhalb
von Fridays for Future zu Unmut. Vor allem aus
der Finanz AG, in der einzelne Aktivisten aus
Ortsgruppen und Vertreter der Bundesebene
sitzen, wird das Hauptspendenkonto, das die
zwei Aktivisten aus dem Zug heraus planten, im-
mer häufiger kritisiert. In einem internen Doku-
ment, das der ZEIT vorliegt, ist von »intranspa-
renter kackscheiße« im Umgang mit Finanzen die
Rede. Es gebe »keinerlei Prüfung der abgewickel-
ten Finanzen« und »keine bzw sehr seltene
Finanzberichte«.
Die sogenannte Finanz AG der Bewegung gibt
die Gelder frei. In die Gruppe kann jeder eintre-
ten, der bei Fridays for Future mitmacht. Die
Chatgruppe der Finanz AG zählt gut 80 Mitglie-
der, viele von ihnen sind nicht besonders aktiv –
andere dafür umso lauter. Der Unmut schwelt
seit Wochen, das zeigen interne Whats App-
Chats, deren Verläufe der ZEIT vorliegen: Einige
Aktivisten beklagen mangelnde Transparenz. Es
ist von »Machtmonopolisierung« die Rede.
Das geht mit Basisinformationen los. »Wo
bleiben die Kontoauszüge?«, fragt etwa ein
Aktivist Anfang Februar in der Chatgruppe der
Finanz AG.
Ein anderer Aktivist schreibt, er sei misstrau-
isch, weil sich Aussagen von einflussreichen
Aktivisten widersprächen. »Sorry aber bei unseren
Spendengeldern macht mir das ein bisschen
Sorgen.« Ein Dritter schreibt: »Voralledem bei
solchen Summen«.
Die Summen also: Laut dem Protokoll einer
Telefonkonferenz im Januar 2020 liegen zu diesem
Zeitpunkt etwa 510.000 Euro auf dem Haupt-
spendenkonto von Fridays for Future. Das Geld
kam unglaublich schnell zusammen. Im vergange-
nen Jahr hat die Bewegung bis November insgesamt
knapp 800.000 Euro an Spenden eingesammelt, so
geht es aus einem internen Finanzbericht hervor.
Etwa die Hälfte wurde in der Zeit ausgegeben.
Dass die Macht der Gruppe schneller gewachsen
ist als ihre Strukturen, holt sie nun ein. Fridays for
Future ist weder als Verein noch als andere Rechts-
form eingetragen. Die Aktivisten sehen ihre dezen-
trale Graswurzelstruktur als Stärke. Doch im
Umgang mit Geld ist Flexibilität ohne Kontrolle
ein Problem, zumal in einer Bewegung, die hohe
Maßstäbe an Menschen und Organisationen mit
Macht und Einfluss und auch Geld anlegt.
Wer entscheidet über die Mittel, die die Be-
wegung einnimmt, wer hat Zugriff darauf? Wo-
für wird das Geld ausgegeben? Und was passiert
damit, sollte es Fridays for Future einmal nicht
mehr geben?
Bei all diesen Fragen taucht immer wieder eine
Organisation auf, die mit dem ersten Konto zu tun
hat: Plant for the Planet. Wer an die bundesweite
FFF-Bewegung spendet, etwa über den Aufruf auf
ihrer Web site, dessen Geld landet auf einem Konto
dieser Stiftung, bis heute.
Die Stiftung pflanzt weltweit Bäume, geleitet
wird sie von Frithjof Finkbeiner und dessen Sohn
Felix, der im Jahr 2011 für kurze Zeit einmal ein
fast so globaler Jugendlicher wie Greta Thunberg


war. Als 13-Jähriger klagte er vor der UN-Vollver-
sammlung in New York die versammelten Staats-
und Regierungschefs an, sie täten zu wenig für den
Klimaschutz. Im März berichtete die ZEIT, dass
sich Finkbeiner beim Zählen seiner Bäume, immer-
hin sein Kerngeschäft, um ein paar Millionen vertan
hatte. Die Stiftung entschuldigte sich.
Die genauen Abmachungen von Plant for the
Planet und Fridays for Future kennen nur wenige
Aktivisten der Bewegung.
Für das Konto wurde ein Treuhandvertrag auf-
gesetzt. Als Vertreter von Fridays for Future wird
dabei die Privatperson Louis Motaal genannt – der
Aktivist, der zugleich seit Jahren für Plant for the
Planet aktiv ist. Schon mit elf, so erzählt es der Geo-
grafie-Student Ende Januar bei einem Treffen in
Göttingen, habe er bei einer Akademie von Plant
for the Planet mitgemacht. Seither arbeite er ehren-
amtlich für die Organisation; er spricht von »wir«
und »uns«, wenn er über sie redet. Offiziell angestellt
ist Motaal nicht. Er ist in der Klimaaktivistenszene
bekannt, viele Fridays-for-Future-Aktivisten schät-
zen seine Erfahrung und seine vielen Kontakte.
Der Treuhandvertrag, den er als Vertreter der
Bewegung mit Plant for the Planet geschlossen
hat, ist vielen Mitgliedern der Finanz AG gar
nicht bekannt. In dem Dokument, das der ZEIT
vorliegt, steht etwa, dass Plant for the Planet zu
so etwas wie dem legitimen Erben der Klimaakti-
visten wird, sollte sich die FFF-Bewegung einmal
auflösen (was bei einer Organisation ohne
Rechtsform an sich wohl ein schwieriger Vor-
gang wäre). In diesem Fall gehe »das restliche
Guthaben in das Eigentum von Plant-for-the-
Planet über«, heißt es im Vertrag. Die Stiftung
bestätigte dies. »Plant-for-the-Planet pflanzt da-
mit pro Euro einen Baum und errichtet den Fri-
days for Future Wald«, heißt es weiter. Die Stif-
tung, die ihren Sitz in Uffing am Staffelsee hat,
erklärt, sie führe das Konto »als Dienstleister«.
Wie kommt das gesammelte Geld vom Bundes-
konto zu den Aktivisten vor Ort? Die Orts- und
Arbeitsgruppen müssen bei der Finanz AG Anträge
stellen. Anträge bis zu einer Höhe von 1500 Euro
für etwa Technikkosten werden von dieser Arbeits-
gruppe durch Abstimmung bewilligt – bei höheren
Anfragen für etwa Bühnenkosten stimmen die Ver-
treter aller Regionalgruppen über den Antrag ab.
Ist ein Antrag bewilligt, müssen die Schüler und
Studenten die Kosten in der Regel erst einmal vor-
strecken. Das Geld bekommen sie vom Haupt-
konto zurückerstattet. Die Rechnungen, adressiert
an Plant for the Planet, werden an die Buchhaltung
von Plant for the Planet weitergeleitet, die die Er-
stattungen dann auszahlt.
Bloß: Das kann dauern.
Die Rückzahlung der Gelder, die eine Arbeits-
kraft bei Plant for the Planet für zehn Euro pro
Stunde übernimmt, läuft seit Monaten nicht ein-
wandfrei. In Chat-Protokollen der Finanz AG hieß
es bereits im September: »Ich fände es gut wenn
solche Sachen bei denen Privatpersonen von FFF
oder sogar nur deren Verwandte/Bekannte Geld
ausgelegt haben schnell bearbeitet werden. Für die
Menschen ist das mega unangenehm und stressig.«
Eine einflussreiche Aktivistin antwortet: »Ja
Leute das liegt eben nicht an uns sondern an Plant
for the Planet das ist richtig kacke aber hoffentlich
geht das in Zukunft schneller«.
Ein anderes Mal erklärt ein Aktivist, es gebe »ein
paar issues weil die Buchhalterin von Plant for the
Planet im Urlaub war und der Geschäftsführer in
New York ist ...«
Auf Anfrage schreibt Plant for the Planet, dass
die Organisation einmal die Woche alle von der
Finanz-AG freigegebenen Rechnungen begleiche.
Dabei »konnte es in Einzelfällen in der Vergangen-
heit schon mal eng werden«.
Mittlerweile haben einige Ortsgruppen auch
deshalb ihre eigenen Konten eröffnet, die auf
einzelne Privatpersonen oder Gruppen laufen.
Darüber hinaus sind im Umfeld der Bewegung
einige Vereine gegründet worden: Jakob Blasel
etwa richtete mit zwei befreundeten Aktivisten
aus der Bewegung den Verein »Organize Future«
ein, über den der Sommerkongress von Fridays
for Future organisiert wurde. Heute, sagt er, wür-
den über das Konto manchmal einzelne Rech-
nungen von AGs abgewickelt, da dies schneller
gehe als über das Konto bei Plant for the Planet.
Das ausgezahlte Geld würden sie sich später vom
Bundeskonto zurückholen.
Neben den offenbar kleineren Konten gibt es
auch eines bei der GLS Bank, das vier Aktivisten
eröffnet haben und betreuen. Kurz nachdem eini-
ge Bundesländer im Frühjahr 2019 ankündigt
hatten, gegen streikende Schüler Bußgelder ver-
hängen zu wollen, sammelte die Ökobank über
ihren Newsletter Spenden – sollten Schülern ein-
mal Rechtskosten entstehen. Von dem Geld ist
bisher wenig abgerufen worden, heißt es aus der
Bewegung. Es lägen noch immer etwa 70.000 Euro
auf dem Konto.

Überhaupt scheint Fridays for Future über
mehr Geld zu verfügen, als die Gruppe gerade
braucht. Auf 3000 bis 4000 Euro beliefen sich
die monatlichen Grundkosten, heißt es: etwa
für Servergebühren. Dazu zählen nicht die
Kosten, die für Demonstrationen anfallen.
Für diese bekommt die Bewegung ja auch
hohe finanzielle Unterstützung von ihren
Bündnispartnern. Zu dem »Trägerkreis«, wie
er intern häufig genannt wird, gehören Green-
peace, Campact, der BUND, auch der Nabu
oder WWF und einige weitere. Für die globa-
len Klimastreiks im September und November
2019, die Fridays for Future Deutschland
gemeinsam mit einem großen Klima-Bündnis
organisierte, zahlte Campact allein knapp eine
halbe Mil lion Euro. Der Bundesverband des
Nabu gab jeweils nur 5000 Euro für die De-
mos aus.
Das Geld, das Fridays for Future dadurch
auf dem Bundeskonto bleibt, steckt die Bewe-
gung neuerdings in große Werbekampagnen.
Vor allem auf Social Media schaltet sie An-
zeigen, auf Face book, In sta gram und Tinder.
Das laufe besonders gut, erzählt der Aktivist
Lucas Pohl, 21, der maßgeblich für die Wer-
bung verantwortlich ist.
Für die Großdemo in Hamburg am ver-
gangenen Freitag gab die Bewegung erstmals
30.000 Euro für Werbemittel aus. Doch weil
FFF selbst ohne eigene Rechtsform keinen Auf-
trag in dieser Höhe geben durfte, erklärt Pohl,
mussten sie das Geld erst an den Verein
Together for Future überweisen. Der Verein
gehört ebenfalls zum »Trägerkreis«. Er wurde
unter anderem vom Ex-Chef von MeinFernbus
gegründet, der heute Berater für nachhaltige
Mobilität ist. Die Bewegung wird wohl selbst
einen Verein gründen müssen, wenn sie sich
nicht mehr durch andere ihr Geld auszahlen
lassen will. Einige Aktivisten aus der Bewegung
fordern das bereits. Dann gibt es zwar eine
Buchhaltung – aber transparent und mit eige-
ner Kontrolle.

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