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n dieser Stelle verlangsamen wir das
Tempo, um sicheren Halt zu haben.
Noch mal zur Orien tie rung: Der
menschliche Körper besteht aus Millio-
nen von Zellen, aus denen sich unsere
Muskeln, Gewebe und Organe zusam-
mensetzen. Jede dieser Körperzellen enthält die gesamte
Erb infor ma tion, also sämtliche Gene. Der genetische
Code ist in einer Doppelhelix gespeichert, der DNA.
Einige Gene zeigen sich in sichtbaren Eigenschaften
und legen beispielsweise die Augenfarbe fest. Andere
wiederum bestimmen die Blutgruppe oder bewirken
biochemische Prozesse wie die Produktion des Hormons
Insulin, mit dessen Hilfe der Körper Zucker abbaut.
Als Sensation in der Biochemie gilt die Entdeckung,
dass Gene auch die innere Uhr steuern.
Ronald Konopka, ein Doktorand des renommierten
amerikanischen Genetikers Seymour Benzer, konnte dies
1971 nachweisen. Am California In sti tute of Techno-
logy machte er Versuche mit der Fruchtfliege Drosophi-
la melanogaster. Wie auch Mimosen behielten die
Fliegen ihren Schlaf-wach-Rhythmus selbst bei kon-
stanter Dunkelheit bei. In seinen Experimenten ent-
deckte Konopka jedoch drei Fruchtfliegen, deren Leben
aus dem Takt geraten zu sein schien. Während ihre
Artgenossen etwa zwölf Stunden aktiv waren und genau-
so lange schliefen, folgte eine Fliege einem 19-Stunden-
Rhythmus, eine andere einem Zyklus von 28 Stunden,
K
urzer Abstecher unter Tage. Ausgangs-
punkt der humanen Chronobiologie,
also der Erforschung der zirkadianen
Rhythmen des Menschen, war das Max-
Planck-Institut für Verhaltensphysiologie
im bayerischen Erling-Andechs. Dort
entwickelte Jürgen Aschoff 1966 das berühmte Bunker-
Experiment. Ohne Zeitungen, Fernseher und Radio
lebten gesunde Probanden mehrere Wochen lang in
einem eigens dafür gebauten Bunker in einem Berg.
Kein Blick auf die Uhr oder aus dem Fenster konnte
ihnen verraten, ob es Tag oder Nacht war, Zeit zum
Essen, zum Sporttreiben oder zum Schlafen. Also aßen
sie, wenn sie hungrig waren, bewegten sich, wenn ihnen
danach war, und wenn sie müde wurden, legten sie
sich ins Bett. Bei allen Probanden stellte sich daraufhin
ungefähr der gleiche Rhythmus ein. Die große Überra-
schung: Sie lebten in einem Zyklus von knapp 25 Stun-
den. Kurz vor dem Aufwachen stellte die Zirbeldrüse
die Melatoninproduktion ein, die Körpertemperatur
stieg an, und der Puls beschleunigte sich. Das wieder-
holte sich jeden Morgen, allerdings jeweils eine Stunde
später als am Tag zuvor. Die biologischen Prozesse ver-
schoben sich so, dass die Versuchsteilnehmer nach
zwölf Tagen nicht mehr um acht Uhr morgens auf-
wachten, sondern um acht Uhr abends.
Jürgen Aschoffs Experiment lieferte viele Erkennt-
nisse über die innere Uhr des Menschen. Die überra-
schendste war, dass sie wie eine Armbanduhr von Zeit
zu Zeit neu gestellt werden muss. Das übernehmen so-
genannte Zeitgeber, allen voran Licht. So tickt die innere
Uhr zwar selbst in völliger Dunkelheit weiter, synchro-
nisiert sich aber durch den Wechsel von Hell und Dunkel,
Tag und Nacht, mit der Umwelt. Reisen wir in eine
andere Zeitzone, fühlen wir uns erschöpft und kraftlos
- der berühmte Jetlag. Unser Körper braucht einige
meist unruhige Nächte, um sich dem neuen Tag-Nacht-
Rhythmus anzupassen. Wie macht er das?
Erster Anstieg
Los geht’s! Auf leichten Anhöhen
begegnen Sie Erkenntnissen, die Sie
ins Schwitzen bringen können
Am Steilhang
Atmen Sie tief durch: Es ist alles
ganz anders, als Sie dachten –
aber Sie schaffen das