Frankfurter Allgemeine Zeitung - 18.02.2020

(Jacob Rumans) #1

FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG Wirtschaft DIENSTAG, 18.FEBRUAR2020·NR.41·SEITE 17


M


askenretten Leben.Vergan-
gene Wocheetwasammelte
sichinder Provinz Hubei
des Nach ts eineTruppe
schwarzuniformierterStaatsdiener,um
auf denStraßen jeden zurRechenschaft
zu ziehen, der im„Volkskrieg“gegendas
VirusFahnenflucht begeht.
Wieder alt eMann auf dem Lastenfahr-
rad,der trotzAusg angssperre eineRun-
deimFreie ndrehte. Nachdem sichacht
Wächterschreiendauf ihngestürzt hat-
ten, in die Ecke gedrängt und zu Boden
gestoßen, da ließ die MeuteamEnde
wohl allein aus einem Grundvonihm ab:
wegender Atemschutzmaske, die, aufge-
spannt über Mundund Nase, das Gesicht
des Alten bedeckte ,soweiß wie dieUn-
schuld.
WerMasketrägt in China, der gilt
nochals Mensch. Das zeigt das Video
vondem Vorfall in Hubei.Zwarwirdsei-
ne Fehlbarkeit alle rorten vonSpruchbän-
dernthematisiert, die dieKommunisti-
sche ParteiimKampfgegendas Co-
vid-19genannteCoronavirus aufgehängt
hat:Wer seinFieber nicht meldet, istder
„Klassenfeind“.Wermit anderen trotz
Ansteckungsg efahr zusammensteht, ein
„schamloser Geselle“.Überhaupt sei je-
der Passant „ein Bösewicht, der dir nach
dem Leben trachtet“.
„Wenn du dein Hausverlässt,brechen
wir dir die Beine“,warntdie Partei. Wer
aber dabei nochnicht mal eine Maske
trägt, der istoffiziell nur noch„Abfall“.
Das Jahr 2020 wird nicht als das Jahr der
Ratteindie chinesische Geschichteeinge-
hen, so wie es eigentlichvon denTier-
kreiszeichenvorgesehenwar. China ist
im Jahr der Maske.
Mit heiteren Klängen unterlegtkommt
ein Propagandavideo derStadt Shaoguan
im südlichenWirtschaftszentrum Guang-
dong daher,indem zweiPolizistenmit
Hilfeeiner fliegenden DrohnePassanten
vomHimmel herab per Lautsprecher er-
mahnen wie dieStimme Gottes: Nicht
ohne Maskeherumlungern, nicht ohne
MaskeKartenspielen, nicht ohne Maske
rauchen.
Härte istder Tonjener Amateuraufnah-
men, diePolizisten und Sicherheitskräfte
vonihren Einsätzenmit dem Smartphone
filmen undstolz im Internetverbreiten.
Dortmachen sie dann Menschenrechtsak-
tivistenwie Yang Zhangqing, der schon
vorder Viruskrise in Chinagegendie Dis-
kriminierung vonHIV-Infiziertenkämpf-
te und deswegen schon mal für einen Mo-
nat im Gefängnissaß, für das entsetzte
Bürgertum in ChinasMetropolen sichtbar.
Ein älterer HerrimWintermantel ist
dortzusehen, der auf offener Straße ver-
haftetwird, weil er ohneMaskeauf Toilet-
te war. Eine maskenlose Bauersfrau, die
vier mitrote nArmbinden ausgestattete
Wächter amRande desKohlfelds antref-
fen, krümmt sichwenig später mitgefes-
selten Händen am Boden. Elf Jugendliche
ohne Maskewerden an einemStrick zu-
sammengebunden in einer langenReihe
durch die Stadt geführt.
Nichtssteht für das Symbol der Seuche
so sehr wie die Maske. SelbstinDeutsch-
land sind Masken seit Ende Januar an vie-
len Ortenausver kauft, nachdem es die
ersten Infektionen mit demVirusgege-
ben hat,die auf mittlerweile16Fälle ange-
wachsen sind.Aufden Philippinen und in
SriLankamüssen dieRegierungenStel-
lung nehmen zu einermögli chen Masken-
pflicht.InSingapur,indem die seit über
fünfeinhalb Jahrzehnten herrschende Re-
gierungsparteidie anstehenden Parl a-
mentswahlengewinnen will,verteilt das
Militär an jeden Haushalt vier Schachteln
Masken.
Dochnirgendwobestimmt die Maske
seit Ausbruc hder Krise das Leben so
starkwie in China, in dem die offizielle,
vonkaum jemandem fürwahr gehaltene
Zahl derVirentoten am Montag auf 1775
stieg und die Zahl der Infiziertenauf
70 000.
Als zu Beginn der Krise im Januar die
Parteileitung Hubeis eine imFernsehen
übertragene Pressekonferenzgab, ergoss
sich in den sozialenNetzwer kenregelrech-
terHass über dieKader:Die Maskedes
Generalsekretärsbedecktenicht seine
Nase. Wuhans Bürgermeisterhatteseine
Maskeverkehrtherum auf. Der Provinz-
gouverneur truggarkeine. Der Arzt Li
Wenliang, der als Erster vordem Virus
warnte,daraufhinvonder Polizei einge-
schüchtertwurde und schließlich amVi-

russtarb, trägt auf den handgezeichneten
Heldenbildern, die die Chinesen dieser
Tage millionenfachimInternetteilten,
sehr wohl eine Maske–durchzogenvon
Stacheldraht, dem Symbol für denUn-
rechts staat.
Als AnfangFebruar einVideo aus Wu-
han auftauchte, in dem einPaketmit als
besonderssichergeltenden und überall
ausverkauftenMasken des amerikani-
schen Herstellers3MimInneren einesRe-
gierungsfahrzeugs zu sehenwar, brach
sichimInternetder Verdacht Bahn, hier
habe sichein Kader widerrechtlichberei-
chert. Unterdem Code „E0260W“stieg er
zum meistdiskutiertenThema in dem 500
MillionenNutzer zählenden Kurznach-
richtendienstWeibo auf–die Kombinati-
on stelltedas Nummernschild desFahr-
zeugsdar.FürdieRegierungwurdedie
Wut der Massen sogefährlich, dasssie
schon einenTagspäter zu demVorwurf
Stellung nahm. Anschließend ließ sie das
Internetvon der Debattesäubern.
Die Aufregung lagvorallem in derTat-
sache begründet, dassChina amTaggera-
de mal 20 Millionen Masken herzustellen
vermag. Dasreicht nochnicht mal für die
24 Millionen Bewohner Schanghais. Der
iPhone-Hersteller Foxconn hat eine eige-
ne Maskenproduktion aufgebaut, erhält
vonden Behörden aber trotzdemkeine Be-
triebserlaubnis. Dem amerikanischenAu-
tohersteller General Motors befahlen die
Behörden, in einemseinerGemeinschafts-
unternehmen mit demstaatlichenchinesi-
schen Saic-Konzerndie Fertigungsbänder
umzustellen undfortan 1,7 Millionen Mas-
kenamTag zu produzieren. Derchinesi-
sche AutokonzernBYD will bis Ende des
Monats sogar fünf Millionen Masken am
Tagfertigen. DerWindelhersteller Daddy
Babyaus Fujian, derTextilfabrikant Mer-
curyHome und derUnterwäscheprodu-
zent Three Gun aus Schanghaiwollen
ebenfalls ihre Produktion auf Masken um-
stellen. Sinopec,größter Öl- und Gaskon-
zernder Welt, fragteimKurznachrichten-
dienstWeibo, werdem Unternehmen Ma-
schinen zur Maskenproduktionverkaufen
könne, über das nötigeNanofasergewebe
verfügeman selbst.
Für kleinereUnternehmenveröffent-
licht edas PekingerTechnol ogiep ortal
TMTPost eine Anleitung zurFertigung
vonMasken.Zuerst brauche es einen
staubfreienReinraum, dannvoll- oder
halbautomatische Maskenproduktionsma-
schinen, die jeweils vonzweibis sechs Ar-
beiternbedientwerden müssten. Für die
Fertigung des Spitzenmodells N95, das
normalerweise vonLeichenbestatter nbe-
nutzt wird und dieserTage in Chinas In-
ternet für umgerechnet500 Eurodas
Stück gehandelt wird, seien umgerechnet
knapp 50 000 Eurofällig.
In einervordem Valentinstagveröf fent-
lichtenStudie einer HongkongerPartner-
vermittlunggaben ein Drittel der Befrag-
tenan, sie wünschten sichstatt Blumen
Masken.UnternehmervomFestland ha-
ben unterdessen inNach barstaaten wie
Kambodschagroße Bestände vonMasken
aufgekauft,die si eanBeamt einSteuerbe-
hörden, Bauämternund derUmweltauf-
sicht verschenken, auf guteZusammenar-
beit nachdem Ende der Krise.
In Hongkong wird die N95-Maskedie-
ser Tage vo rallem auf denRücksitzen der
S-Klassengesicht et,indenen sichjene Ty-
coons, die sichnicht in eines ihrerFerien-
domizile imAusland abgesetzt haben,
über die Queen’s Road im Geschäftsbe-
zirkCentralchauffieren lassen. DerRest
des Volkssteht in Schlangenvorden staat-
lichenAusgabestellen für Masken an, in
den Geschäftensind diese längstvergrif-
fen, wie handgemalteSchilder an denTü-
renverkünden.Nach dem vorzweiWo-
chen dasUnternehmenLuc kWellInter-
national imStadtteilKowloon angekün-
digt hatte, am Mittwochmorgen
Schachteln mit jeweils 50 Masken zuver-
kaufen, schätztedie Polizei um 1.30 Uhr
in derNach tzuvor die Mengeanwarten-
den Menschen aufrund 10 000.
Für die Hongkonger klangen dieAufru-
fe vomFestland, bloß ja eineMaskezutra-
gen, besondersbitter .Während der Demo-
kratieproteste hattedie Regierung ein
Maskierungsverboterlassen, das später
voneinem Hongkonger Gericht wieder
aufgehoben wurde. Eine wütendeFüh-
rung in Peking hattedaraufhin mitgeteilt:
Ob in der Sonderverwaltungszone auf der
Straße Masken getragen würden oder
nicht, darüber würde allein China ent-
scheiden.

pwe.TOKIO.JapansWirtschaftistam
Jahresende 2019 so starkgeschrumpft
wie seitfast sechs Jahren nicht mehr.Mit
der Gefahr durch das Coronavirussteigt
nun das Risikoeiner Rezession. Dasreale
Bruttoinlandsproduktder drittgrößten
Volkswirtschaftder Welt sank imZeit-
raum vonOktober bis Dezember um 1,
Prozentgegenüber demVorquartal, deut-
lichstärker alsvonAnalystenerwartet.
Ausschlaggebendwarder Einbruchdes
Konsums nachder Erhöhung derKon-
sumsteuer im Oktober.Einen geringeren
Einflusshatteder schwereTaifun Hagi-
bis, kommentiertenVolkswirte.Der Nik-
kei-Aktienindex verlor am Montag 0,
Prozent auf 23 523 Punkte.
WirtschaftsministerYasutoshiNishimu-
ra gabsichnachVeröf fentlichung der
Wachstumsdaten zuversichtlichund pro-
gnostizierte eine schrittweiseVerbesse-
rung. Erverwies aber auchauf die Risi-
kendurch das Coronavirus. Japan hat mit
mehr als 500 die zweithöchste Zahl an In-
fiziertennachChina. Mehr als 450stam-
men vondem inYokohamaunter Quaran-

täne liegenden KreuzfahrtschiffDia-
mond Princess. DieVereinigtenStaaten
evakuiertenamMontagrund 340Staats-
angehörigevon dem Schiffund flogen sie
nachAmerika,wo sie für 14Tage in Qua-
rantänegehen. Rund 40 Amerikaner blie-
ben infiziertinjapanischen Krankenhäu-
sernzurück.
Die Vorsorge vordem Virusgreiftda-
bei zunehmend in das Leben in Japan ein.
Das kaiserliche Hofamt sagteeine für
Sonntag geplanteMassen veranstaltung
auf demPalastgelände ab,während der
üblicherweise Zehntausende demKaiser
zum Geburtstaggratulieren. DieVeran-
stalter desTokio Marathons am 1. März
wollen dierund 38 000gemeldetenAma-
teurläufer nicht mehrstartenlassen und
nur nochrund 200 Profis zulassen, die
zum Teil noc humihreOlympiaqualifika-
tion kämpfen. Unternehmen wie derTele-
kommunikationsgigant NTToder das In-
ternetportalYahoo Japan ermunternihre
Mitarbeiter zu mehrTelearbeit zuHause,
um Anreisen in überfüllten Zügen mit In-
fektionsgefahr zuvermeiden.Toyota Mo-

torund Mazda Motorberichteten der-
weil, dasssie die Produktion in China
zum Teil wiederaufgenommen haben.
Nach dem schlechten Jahresabschluss
schließen Ökonomen in Japanwegendes
Coronavirus nicht mehr aus, dassdie Wirt-
schaf tauchimerstenQuartal dieses Jah-
resschrumpfen wird.Stefan Angrick von
Oxfor dEconomicsetwa rechnetmit ei-
nem Minus um 0,1 Prozent.Mit zwei Mi-
nusquartalen nacheinanderwäre dann die
Rezession in Japangegeben. In einerUm-
frag edes Japan CenterforEconomicRe-
search vonAnfangFebruar sagten 13 der
befragten 34 Ökonomen und Analysten,
Japan befinde sichschon in derRezession.
Die ersteSchätzung desWachstums für
den Zeitraum Oktober bis Dezember
zeigt, dassdie Wirtschaf tnicht nur im
Konsum Schwächen zeigte. Das Bruttoin-
landsprodukt schrumpfte in derrealen,
also um Preissteigerungen bereinigten
Rechnung um 1,6 Prozentgegenüber dem
Vorquartal. Der privateKonsum
schrumpfte um 2,9 Prozent und dieWoh-
nungsbauinvestitionen um 2,7 Prozent.

Das sind direkteFolgen der Erhöhung des
Konsumsteuersatzes im Oktober von
auf 10 Prozent.Darüber hinaus schrumpf-
tendie Anlageinvestitionen derUnterneh-
men, und zwar um 3,7 Prozent.Zugleich
sind nacheiner Revision die Investitionen
im dritten Quartalweit wenigerstarkge-
wachsen als zuvor angenommen.
Im Außenhandel, der imvergangenen
Jahr vonder Abschwächung derWeltwirt-
schaftimGefolg edes amerikanisch-chi-
nesischen Handelskonfliktsgetrof fenwur-
de, machteJapan die binnenwirtschaftli-
cheSchwächenicht wett.Der Exportvon
Güternund Dienstleistungen sank um 0,
Prozentgegenüber demVorquartal. Deut-
lichstärker fiel der Import. Rechnerisch
blieb im Saldo so einexternes Wachstums-
plus. Schrumpfend belegen Exportund
Importaber vorallem die aktuelleSchwä-
cheder japanischenWirtschaf t.
Fürdas Kalenderjahr 2019 zeigten die
vorläufigen Daten der Statistiker eine
Wachstumsratevon 0,7 Prozent nachzu-
vor0,3 Prozent.Die vomJapan Centerfor
Economic Research befragten Ökono-

men prognostiziertenfür dasKalender-
jahr 2020 einWachstum vondurchschnitt-
lich0,16 Prozent.Aus statistischen Grün-
den unterzeichnetdiese Rate als Folge
der schwachen zweiten Jahreshälfte 2019
die erwarteteWachstumsdynamik.Doch
sind in der Prognose dieFolgen des Coro-
navirus nur zumTeil er fasst.
Die Regierungverspricht Hilfe, um die
wirtschaftlichenFolgen desViruszube-
grenzen. Dochrätseln manche Ökono-
men in Japan,wassie nochtun kann.
Schon im Dezember hattedie Regierung
ein Konjunkturpaket im Volumenvon
13,2 BillionenYen(109 Milliarden Euro)
beschlossen.Notenbankgouverneur Haru-
hikoKuroda erklärte am Montag, die
BankvonJapanwerdeihreGeldpolitik
ohne Zögernnochweiter lockern,sollte
das Virusdie Wirtschaf tsignifikant schä-
digen. Die meistenBeobachter erwarten
indes, dass die Bank nacheiner langenex-
pansiven Geldpolitik mitNegativzinsen
kaum nochSpielraum zur Lockerung hat
und nur nochbei einerstarkenYen-Auf-
wertung eingreifen werde.

Während dieZahl dervomCoronavi-
rusgetötet en und infiziertenMen-
schen in China immer nochschnell
steigt, kommt diechinesische Wirt-
schaf tnachdem staatlichverord neten
Stillstand des Landesweiter nicht in
Fahrt. So lässt etwa der deutscheAuto-
hersteller Volkswagen, der in China
MillionenAutosverkauft, die mit sei-
nem lokalenPartner SAIC betriebe-
nen Werkebis vorerstzum 24.Februar
geschlossen.Eigentlichhätten dieWer-
ke schonvorzweiWochen wieder die
Arbeit aufnehmen sollen. Lokale Be-
hörden üben Druckauf dieUnterneh-
men aus,wegender Ansteckungsge-
fahr die Betriebe nochnicht wieder zu
starten. Diesen würden ohnehin oft
die Arbeiterfehlen, die in ihren Hei-
matortenfestsitzen. Deshalb hatteVW

den Startseiner Werkenachdem chine-
sischenFrühjahrsfestschon zweimal
verschoben. Esgebe Probleme in den
Lieferketten und in der Logistik,teilte
VW mit.Wie ernstChinasStaatsfüh-
rung die Lageeinschätzt, wurde am
Montag deutlich, als die staatliche
Nach richtenagentur Xinhua meldete,
dassdie Sitzungdes NationalenVolks-
kongresses im frühen Märzsehr wahr-
scheinlichverschobenwerde. Das nur
einmal im JahrstattfindendeTreffen
vonChinas Scheinparlament istdas of-
fiziell wichtigste politische Ereignis
des Jahres. Allerdingskönnten dieAus-
gangssperren, die in vielen Städten
herrschen, womöglichschneller aufge-
löstwerden alsvermutet.Soverlautete
am Montag ausRegierungskreisen in
Schanghai, dassdie wichtigste Wirt-

schaftsmetropole des Landesvoraus-
sichtlichAnfang Märzvon der „roten
Liste“der vomVirus gefährdetenStäd-
te käme. DiechinesischeZentralbank
hat nacheiner kleinen Zinssenkung
AnfangFebruar am Montag die Zinsen
für Kreditemit mittlerer Laufzeit aber-
malsgesenkt, allerdings wieder nur
um 10 Basispunkte. Dieserelativgerin-
ge Senkung deutedarauf hin, dassdie
Führung in Peking die wirtschaftli-
chen Folgen des Coronavirus nichtgra-
vierender einschätze als bei der Sars-
Krise 2003, sagteAndrew Batsonvom
Pekinger Analysehaus GavekalDrago-
nomics. Andersals am Montag an den
Weltmärktenviele Börsenhändlerge-
hofft hatten, deutenichts daraufhin,
dassPeking ein sehrgroßes Konjunk-
turpaket verabschiedenwerde. hena.

Jahr der Maske

itz. BERLIN.Erstmals sind zwei deut-
sche Städte, Berlin und Heidelberg,
auf der Liste der Städtemit den ehrgei-
zigstenKlimazielen derWelt gelan-
det. DieTabelle der Nichtregierungs-
organisation CDP,die an diesem
Dienstagveröffentlichtwerden soll,
umfasst 105 Ballungszentren. Die
meistenKlima-Vorbilder gibt es dem-
nachinden VereinigtenStaaten (34),
in Kanada (7) und Schweden (6). Die
Gesamtzahl hat sichseit 2018 mehr
als verdoppelt.Insgesamt haben im
Jahr 2019rund 850StädteihreDaten
der Organisation zurVerfügungge-
stellt, die früher „Carbon Disclosure
Project“ hieß. Ihr Ziel istes, Städte
und Regierungen zur Veröffent-
lichungvonEmissionsdatenzubewe-
genund für dienegativenAuswirkun-
genvon Treibhausgasen zu sensibili-
sieren.Auch 8400 Großunternehmen
beteiligen sichdaran, aufwelche die
Hälfte de rgesamten Marktkapitalisie-
rung in derWelt entfällt.
Das Berliner Energiewendegesetz
strebe eineVerringerungder Emissio-
nen bis zum Jahr 2050 um 85 Prozent
an, lobtedie Or ganisation die deut-
sche Hauptstadt.Auchunter stütze
die Metropole den„Masterplan Solar-
hauptstadt“ undförderedie Begrü-
nung vonDächer nund Fassaden. Hei-
delbergwolle in derselbenZeit sogar
95 Prozent schaffen. Dafür müssten
alle Kommunalbauten und Privatge-
bäude auf ehemaligem Gemeinde-
grund denStandardsvonPassivhäu-
sernentsprechen.Weiterhin beab-
sichtigeHeidelbergauf vorbildliche
Weise, denstädtischen und den öf-
fentlichen Verkehr auf Fahrzeuge
ohne Emissionen umzustellen und
das Straßenbahnnetz zu erweitern.
Alle an der Aktionteilnehmenden
Städte müssen wichtigeUmwelt-
daten messen und an CDP melden,
etwa den Kohlendioxidausstoß. Erho-
ben werden auchdie Programme zur
Vermeidung der Klimaschädigung.
Die Bewertung erfolgt mit Punkten
vonAbis D.Um auf die Bestenliste,
die sogenannteA-Liste,zugelangen,
sind Emissionsmessungen in dergan-
zen Stadt nötig.
Die Wissenschaftlasse keinen
Zweifel daran, dassder Ausstoßauf
der Welt bis 2030 halbiertwerden
müsse, um die Klimakrise einzugren-
zen, sagteCDP-DirektorinKyra Apl-
eby: „Städte spiel en dabei eine wichti-
ge Rolle. Sie deckennur zwei Prozent
der Erdoberfläche ab, sind aber für
70 Prozent der Emissionenverant-
wortlich.“ Die 105 urbanenZentren
auf derA-Liste setzten ein Beispiel
für jeneTransparenz und für jenes
Engagement, die in allenStädten auf
der ganzen Welt nötigseien.CDP teil-
te mit, seit 2011 habe sichdie Zahl
der teilnehmenden Regionen ver-
zwanzigfacht. 2018 standen erst
neun europäische Städteauf der
A-Liste,jetzt sind es 33. Chinaals
größterLuftverpesterder Welt is tnur
mit Hongkongvertreten. Ausdem
viel kleinerenTaiwan haben sichin-
des sechsStädtequalifiziert. Vonden
Schwellenländernsind Brasilien,Me-
xi ko,Indonesien, Malaysia und Süd-
afrik aauf der Bestenliste präsent.

che. SINGAPUR.Das Coronavirus
hinterlässt immer tiefereSpuren am
Finanz- und Handelsplatz Singapur.
Nunüberlegt die Regierung des
streng geführtenStadtstaates sogar,
ihrefür diesesFrühjahrgeplanten
Wahlen zu verschieben. Überzeu-
gend wirkt ihreBilanz nicht, denn
auchohne die Krankheit schmilzt die
Wachstumsrateder reichenTropen-
insel. Im Jahr 2019 betrug sie im Jah-
resver gleichlediglich0,7 Prozent.Im
Vorjahr wardie Wirtschaf tnoch um
3,4 Prozentgewachsen. Die herstel-
lende Industrieschrumpfteimvergan-
genen Jahr sogar um 2,3 Prozent,
während–der meiststaatlichgelenk-
te –Bausektor und die Dienstleistun-
genzulegten. Sie aberwerden nun lei-
den: DerTourismus auf derTropen-
insel könnteummindestens 30 Pro-
zent schrumpfen,gerade weil Fest-
landchinesen,die fast ein Fünftel al-
ler Gäste stellen, nicht mehrreisen
und das für Singapurso wichtigeKon-
ferenzgeschäftwegbricht.
Schon imvergangenen Jahrver-
bucht eSingapur auchaufgrund des
Handelsstreits die schwächste Wachs-
tumsrateseit derFinanzkrise im Jahr


  1. Die Erwartung für dieses Jahr
    nahm dieRegierungvoneinem Korri-
    dor zwischen 0,5 und 2,5 Prozent auf
    nun minus 0,5 Prozent und 1,5 Pro-
    zent zurück. Die Analysten der DBS
    Grouprechnen mit 0,9 Prozent.Nun
    dürften die Schleusengeöffne twer-
    den. Die DBS erwartet Rabatteauf
    Steuernund Abgaben sowie erhöhte
    Überbrückungskrediteund Ausbil-
    dungshilfen. Angesichts eines Haus-
    haltsdefizitsvon1,6 Prozent der no-
    minalen Wirtschaftsleistung kann
    sichder Stadtstaat diesvorden Wah-
    len leisten.


ChinasWirtschaftkommt nicht inFahrt


Der Atemschutz istChinasSymbol der Seuche. Seine Geschichte ist


die eines Landesin Aufruhr.


VonHendrik Ankenbrand, Hongkong


Das Coronavirus befeuertJapans Rezessionssorgen


Die höhereKonsumsteuer lässt das Wachstum zum Jahresendestarksinken/Verhaltene Prognosen für das laufende Jahr


Singapur


lahmt


Für Klein und Groß:In Chinagehören Mundschutzmasken zum Alltag der Menschen. Foto AFP

Klima-Vorbild


Berlin?


Die Hauptstadt ist


besondersehrgeizig

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