Süddeutsche Zeitung - 19.03.2020

(Nancy Kaufman) #1
von michael bauchmüller

V


or ein paar Tagen platzte Thomas
Bareiß der Kragen. Manche glaub-
ten ja immer noch, dass Dinge wie
ein „Solardeckel“ oder die Abstands-
regeln für Windräder die drängendsten
Probleme seien, empörte sich der CDU-
Parlamentarier und Wirtschaftsstaats-
sekretär via Twitter. Aber: „Wir haben ge-
rade noch ein paar andere drängendere
Themen zu bewältigen, die unser ganzes
Land betreffen.“
Lässt sich politisches Versagen in der
Corona-Krise so leicht verdrängen?
Die Koalition vollführt derzeit ein inter-
essantes Kunststück. Sie hat sich ein ehr-
geiziges Ziel für den Ausbau der erneuer-
baren Energien gesetzt – nämlich einen
Anteil von 65 Prozent bis 2030. Und zu-
gleich hat sie pauschale Abstandsregeln
für Windräder verabredet, die eben die-
ses Ziel zu vereiteln drohen: Viel Platz blie-
be damit nicht mehr. Keiner drängt so auf
scharfe Abstandsregeln wie der Wirt-
schaftsflügel der CDU, dem auch Bareiß
angehört. Seit Monaten lähmt das den
Ausbau der Windkraft, alle Einigungsver-
suche scheiterten. Nähme die Koalition
ihr Ziel ernst, hätte sie die Frage lange vor
der Corona-Krise gelöst. So aber geht wei-
tere wertvolle Zeit verloren. Das macht
den Hinweis auf das Virus so zynisch.
Diese Regierung schlingert durch die
Energiepolitik, mit schönen Zielen, aber
ohne Plan. Sie hat einen Kohleausstieg
vereinbart und bekennt sich zum Ab-
schied von der Atomkraft – doch offen-
bar gibt es in den Reihen der Koalition
einige, die den Technologien von gestern
nachweinen. Anders lässt sich das Stör-
feuer nicht erklären, das seit einiger Zeit
auf die Ökoenergien einprasselt.
Dazu gehört auch ein besonders perfi-
der Schachzug der Union: Sie verknüpft
eine Einigung bei den Abstandsregeln
mit einer Lockerung des sogenannten
Solardeckels. Dieser Mechanismus – ver-
einbart in Zeiten, in denen die Solarener-
gie noch um ein Vielfaches teurer war als
heute – beendet die Förderung privater
Solaranlagen, sobald hierzulande eine
Leistung von insgesamt 52 Gigawatt in-
stalliert ist. Es ist eine Frage von Mona-
ten, wann diese Grenze erreicht sein
wird. Viele Planungen für neue Anlagen,
wie sie Bürger und Betriebe auf Dächern
installieren, könnten dadurch in den
Schubladen verschwinden. So gesellt
sich zur Krise der Windkraft dann bald
auch noch eine der Solarenergie.


Die deutsche Energiewende sollte mal
beispielhaft werden für die Welt. Diese
Koalition könnte daraus ein Exempel ma-
chen, wie man es gerade nicht anstellt.
Denn auch wirtschaftspolitisch droht ein
Desaster. Die Solarindustrie hat Deutsch-
land schon verloren, teils wegen des Kon-
kurrenzdrucks, teils wegen einer errati-
schen Energiepolitik – seinerzeit von
Schwarz-Gelb. Nun geht auch die hiesige
Windbranche in die Knie.
Das hat viele Gründe, von vorsichtigen
Genehmigungsbehörden über schwer
kalkulierbare Naturschutzvorgaben und
regionale Bürgerinitiativen bis hin zu
Unsicherheiten, ob künftige Windparks
überhaupt genehmigungsfähig sind.
Denn welche Mindestabstände einmal
gelten werden, weiß angesichts des
Hickhacks der vergangenen Monate nie-
mand. Wer heute um eine Finanzierung
nachsucht, muss seiner Bank schon ziem-
lich viele Unwägbarkeiten präsentieren.
Über allem aber schwebt eine Bundes-
regierung, die mit der Energiewende um-
geht wie mit einem ungeliebten Findel-
kind. Wer sich aber zu den eigenen Zielen
so wenig bekennt, wer sie nicht erklärt
und nicht dafür wirbt, darf sich nicht
wundern, wenn sich mancherorts die Bür-
ger von diesen Zielen abwenden.
Zu Beginn der Woche durfte der Bund
endlich mal wieder einen Erfolg in der
Klimapolitik vermelden: Die Emissionen
sanken 2019 so stark wie lange nicht –
und das in einer Phase des Wirtschafts-
wachstums. Wer die Zahlen genauer stu-
diert, erkennt: Der Erfolg ging fast aus-
schließlich auf die Energiewende zurück.
Kohlekraftwerke drosselten ihre Stromer-
zeugung, erneuerbare Energien legten
zu. Im Kampf gegen die Klimakrise, so
zeigten die Zahlen, ist der Ausbau von
Solar- und Windenergie derzeit Deutsch-
lands einziges Mittel, das etwas bringt.
Teile der Union arbeiten gerade wa-
cker daran, das zu zerstören.


von lea hampel und
felicitas wilke

München –Es klingelt, doch statt den Bild-
schirm hinzuhalten für die Unterschrift,
bittet der Paketbote den Kunden, einen
eigenen Stift zu holen. Es sind sonderbare
Zeiten als Konsument: längst gekaufte Ti-
ckets für Konzerte verfallen, die Lieblings-
buchhandlung hat zu. Das ist für die Produ-
zenten schwierig, wirft aber auch für die
Verbraucher große Fragen auf. Wie in die-
sen Tagen verantwortungsvoll mit Dienst-
leistern, Verkäufern, Anbietern umgehen?
Die Unklarheiten, die sich dabei erge-
ben, haben unterschiedliche Ebenen. Die
eine lautet: Wie kann man die Menschen,
die in Supermärkten oder beim Paket-
dienst trotz allem immer noch arbeiten
müssen, vor dem Virus schützen und ih-
nen das Leben erleichtern? Und die ande-
re: Was kann jeder einzelne Verbraucher
tun, um die Geschäftsleute zu unterstüt-
zen, die gerade um ihre Existenz kämpfen?
Wenn die Geschäfte und Restaurants ge-
schlossen haben, tätigen tendenziell noch
mehr Menschen ihre Einkäufe im Internet,
rufen für ihr Abendessen den Lieferdienst.
In beiden Branchen haben die Arbeitgeber
erste Maßnahmen eingeleitet, um ihre Mit-
arbeiter und die Kunden zu schützen – und
das geht über die Bitte nach dem eigenen
Stift hinaus. Die Paketzusteller der DHL
bestätigen gerade bis auf Weiteres selbst
die Zustellung für die Kunden, die norma-
lerweise eigenhändig auf einem Scangerät
unterschreiben müssen. Damit soll vermie-
den werden, dass der Eingabestift durch
viele Hände gereicht wird.
Im Supermarkt geht es nicht ganz ohne
Kontakt: Äpfel, Milch und Pasta wandern
zwangsläufig durch die Hände von Kun-
den und Kassierern. Umso mehr sieht die
Gewerkschaft Verdi jetzt auch die Kunden
in der Pflicht, das Risiko einer Ansteckung
zu verringern. Jeder sollte beim Einkaufen
jetzt Abstand halten, in den Ellenbogen
niesen und wenn möglich bargeldlos be-

zahlen, heißt es bei Verdi. Zudem solle man
den Frust über fehlende Waren nicht bei
den ohnehin oft schon unter Tarif bezahl-
ten Beschäftigten abladen. „Sie müssen
gerade ausbaden, was passiert, wenn viele
Leute hamstern.“
Während sich Konsumenten im Super-
markt mit Lebensmitteln eindecken wie
selten zuvor, bangen kleine Cafés, Bou-
tiquen und Handwerksbetriebe um ihre
Existenz. Weil sie schließen müssen – oder
weil keine Kunden mehr kommen. Doch
auch ihnen können die Verbraucher in
dieser schwierigen Zeit einen Dienst er-
weisen, sagt Jens Christopher Ulrich vom
Bayerischen Handwerkskammertag. Für
kleine Gewerke wie einen Goldschmied
oder Hutmacher könne man derzeit direkt
bei den Handwerkern Gutscheine erwer-
ben, auch lang anstehende Reparaturarbei-
ten würden von vielen jetzt angenommen.
Was der Verband deshalb von den Kommu-
nen fordert, nämlich für später geplante
Aufträge vorzuziehen, könnte er sich auch
als Unterstützung von normalen Kunden
vorstellen, sagt Ulrich: „Wenn man sich
etwas ohnehin anschaffen wollte, warum
nicht schon jetzt?“ Die SZ hat mehrere von
den Corona-Folgen betroffene Menschen
gefragt, wie Verbraucher ihnen gerade hel-
fen können.

Musik direkt vom Künstler
Die Pianistin und Sängerin Olivia Trum-
mer hatte ihre kleine Tour schon durch-
geplant: erst einige Termine in Österreich,

dann in ihrer früheren Heimat Baden-
Württemberg. Doch an einem Abend ver-
gangene Woche war klar: Weiter geht es
nicht. „Das wäre eine lukrative Tour gewe-
sen“, sagt Trummer. Nun sind die nächsten
Monate ungewiss: Einige Festivals wurden
verschoben, bei anderen Veranstaltungen
ist unklar, ob sie überhaupt noch dieses
Jahr nachgeholt werden können. Dass Aus-
fallhonorare gezahlt werden oder künftige
Honorare vorgezogen werden, kann sie
derzeit nicht erwarten. Eine Möglichkeit,

Künstler wie sie zu unterstützen, sagt sie,
sei zwar, Tickets für spätere Konzerte zu
kaufen oder CDs. Aber finanziell einträg-
lich sei das vor allem dann, wenn beispiels-
weise Alben direkt über die Website erwor-
ben werden und nicht über Streaming-
dienste oder Onlinehändler. Eine andere
Möglichkeit finanzieller Hilfe sei, bei
Künstlern, die beispielsweise auch Musik-
unterricht übers Web geben, Kurse zu bu-
chen. „Man sollte einfach Ausschau halten
nach dem, was die Künstler sich einfallen
lassen“, sagt Trummer. Am wichtigsten
findet sie aber derzeit moralische Unter-
stützung. So freut sie sich, wenn sie Anfra-
gen für Veranstaltungen in etwas fernerer
Zukunft bekommt. „Alles was sich nach
Normalität anfühlt, tut gut.“

Der Online-Buchhändler um die Ecke
In 20 Jahren, die sie die Glockenbachbuch-
handlung in München betreibt, habe sie so
einiges umschifft und überlebt, aber das
sei dann doch neu, sagt Petra Schulz. Sie
hat in den vergangenen Wochen viele neue
Bücher bestellt, die auf der ebenfalls abge-
sagten Leipziger Buchmesse vorgestellt
werden sollten. Nun hat sie nicht nur diese
Bücher vorliegen, sondern auch unzählige,
die Kunden bereits bestellt, aber nicht ab-
geholt haben. Denn was gar nicht so viele
Menschen wissen: Bücher können ähnlich
schnell wie bei den großen Versandhänd-
lern auch bei vielen kleinen Buchhändlern
bestellt werden. Auch Schulz hat einen
eigenen Onlineshop. Wer auf ihrer Website
bestellt, bekommt das Buch direkt vom
Grossisten zugeschickt, dennoch erhält
Schulz einen Teil des Umsatzes – und über-
nimmt ab 20 Euro Bestellwert sogar die
Kosten. Wie für viele Buchhändler ist das
auch bei ihr schon seit Jahren das Mittel,
um der wachsenden Onlinekonkurrenz
etwas entgegensetzen zu können. Nun
hofft sie, dass dieses Modell sie durch die
Krise trägt, und empfiehlt auch gleich in
den sozialen Netzwerken auf ihren eigenen
Kanälen, welche Bücher sich derzeit beson-
ders lohnen. Denn Krise hin oder her, sie
ist überzeugt: „Das Lesen geht weiter.“

Virenfrei zum Haare schneiden
Der Friseursalon von Jennifer Haas in
Bayreuth gehört nicht zu den Geschäften,
die geschlossen bleiben müssen, um eine

weitere Verbreitung des Virus zu verlang-
samen. „Ich finde es merkwürdig, dass die
Politik uns für systemrelevant hält“, sagt
die 30-jährige Friseurmeisterin. Am Diens-
tag öffnete sie ihren Salon trotzdem zum
vorerst letzten Mal, als freiwillige Vor-
sichtsmaßnahme. „Es kann nicht sein,
dass die Kunden jetzt eineinhalb Meter
voneinander entfernt sitzen sollen, aber
wir weiterhin bis 30 Zentimeter an sie her-
anrücken müssen, um ihnen die Haare zu
schneiden“, sagt Haas. Sie müsse sich und
ihre Auszubildende schützen. „Man kann
sich noch so sehr die Hände waschen, aber
wenn beim Pony schneiden plötzlich je-
mand niesen muss, verteilen sich die Viren
trotzdem.“ Zunächst schließt sie den Salon
bis zum 30. März. Viel finanziellen Spiel-
raum habe sie nicht mehr: „Länger als vier
bis sechs Wochen schaffe ich es nicht“, sagt
sie. Was ihr jetzt hilft? „Die Steuerstundun-
gen sind eine gute Idee“, sagt Haas. Die
Kunden könnten sie zurzeit vor allem un-
terstützen, indem sie ihre Entscheidung zu
schließen akzeptierten. Und indem sie sich
auch künftig nicht krank zum Friseur
schleppten und andere ansteckten. Die
Idee, sie mit dem Kauf von Gutscheinen zu
unterstützen, überzeugt Haas nicht ganz.
„Die Arbeit müssen wir dann geballt im
Sommer oder Herbst reinholen.“

Hausmannskost to go
Normalerweise öffnet Marc Windhorn sei-
ne Gaststätte „Zur Eiche“ in Garbsen bei
Hannover immer erst um 16 Uhr. Doch da
er nun schon um 18 Uhr schließen muss, bie-
tet er seit Dienstag einen Mittagstisch an.
Dennoch ist auch abends weiterhin ein
Koch im Einsatz. Denn Windhorn bietet
wegen Corona jetzt einen Lieferdienst an –
„wie ein Pizza-Taxi, nur mit deutscher
Küche“, berichtet er. Das Essen fährt er ab
einem Bestellwert von 12,50 Euro für 1,
Euro Liefergebühr selbst mit seinem Auto
aus, die Einweghandschuhe hat er immer
dabei. Auch in vielen anderen Lokalen kann
man bislang abends noch Essen abholen.

München– Die Szenerie soll wohl heißen:
„Passt schon alles!“ Der Münchner Auto-
bauer BMW hat an diesem Mittwoch zur
Jahrespressekonferenz geladen, wegen
der Coronavirus-Pandemie sind die Jour-
nalisten zwar nur per Internet und Telefon
mit dabei. Doch die Vorstände befinden
sich am geplanten Ort, im geplanten Ambi-
ente. Beinahebusiness as usual. Wie zum
Trotz, so als ob das Coronavirus der Firma
nicht viel anhaben könnte.
Auf dem Bildschirm ist eine riesige Büh-
ne zu sehen, Pulte, ein im Scheinwerfer-
licht funkelndes Auto. Und Vorstandschef
Oliver Zipse, der sagt, er sei „vorsichtig zu-
versichtlich“ was das Geschäft angehe.
Denn BMW könne „mit schwierigen Situa-
tionen umgehen“. Zudem gebe es ja auch
die Zeit nach Corona. Für die sei man gut
vorbereitet und die sei auch bald gekom-
men. Zumindest versuchen die Münchner
Automanager, es so zu vermitteln, viel
mehr als die meisten Manager der Konkur-
renz, die sich oft ratlos geben.
Tatsächlich ist die Seuche jetzt erst ein-
mal angekommen bei BMW. Vor zwei Wo-
chen gab es im Forschungszentrum einen
positiven Test; die Kollegen wurden nach
Hause geschickt, die Räume desinfiziert.
An diesem Mittwoch hat der Autobauer
nun den Stopp seiner Werke in Europa und
Südafrika verfügt. Nach langer Zeit der Un-
gewissheit für die Mitarbeiter und drama-
turgisch günstig zur Pressekonferenz.
„Die Produktionsunterbrechung wird vor-
aussichtlich bis zum 19. April eingeplant“,

sagt Zipse in die Kamera. Damit reiht sich
BMW ein in die Riege der europäischen
Hersteller, die ihre Bänder bereits angehal-
ten haben, um die Ausbreitung des Corona-
virus zu verlangsamen – und auch, um
nicht wochenlang Wagen um Wagen für
die Halde zu produzieren. Nachdem am
Mittwoch ebenfalls Porsche und Toyota
den Betrieb unterbrachen, stehen damit
fast alle Fahrzeugfabriken aller Hersteller
auf dem Kontinent still.
„Viele Länder haben einschneidende
Maßnahmen getroffen, die wir mittragen“,

sagt Zipse. Auch viele Händlerbetriebe in
Europa hätten bereits vorübergehend ge-
schlossen. Nicht zuletzt, weil die Kunden
ausbleiben: „Wie bei vielen Gütern wird
auch die Nachfrage nach Automobilen
deutlich sinken.“ In diesem Jahr dürfte die
Gewinnmarge im Autogeschäft deshalb
von sowieso mageren fünf Prozent auf nur
noch zwei bis vier Prozent vom Umsatz fal-
len. Auch der Konzerngewinn vor Steuern
werde in diesem Jahr „deutlich zurückge-
hen“, heißt es. Er war bereits im vergange-
nen Jahr von zuvor 9,6 auf 7,1 Milliarden

Euro gefallen, unter anderem wegen einer
Rückstellung aufgrund möglicher Kartell-
verstöße. Den derzeit geltenden Sparkurs
werde man deshalb womöglich noch ein-
mal verschärfen, manche Projekte müss-
ten nach hinten verlegt werden, allerdings
wolle man keinen der gut 130 000 Jobs
streichen. Auch besondere Staatshilfen
wolle man nicht in Anspruch nehmen we-
gen der Epidemie.

Natürlich sei eine weltweite Rezession
nicht ausgeschlossen, die das Geschäft
langfristig noch viel mehr erschwere, sagt
Finanzchef Nicolas Peter. Aber das vorher-
zusagen, sei einerseits wie „Glaskugel le-
sen“, und andererseits mache einiges Hoff-
nung, dass es nicht ganz so schlimm kom-
men wird. Das Werk Dingolfing sei in der
Ölkrise Anfang der 1970er-Jahre eröffnet
worden. Und während der Weltwirtschafts-
krise 2008/2009 habe BMW schwarze Zah-
len geschrieben. Wobei die Manager nicht
erwähnen, dass der Staat damals mitzahl-
te: Mehr als 25 000 Mitarbeiter waren da-
mals in Kurzarbeit, mehrere Tausend Stel-
len wurden gestrichen. Auch diesmal könn-
ten die Arbeiter der gestoppten Fabriken
in Kurzarbeit geschickt werden, so BMW.
Die Frage ist: Steht es nun so schlimm
mit der Wirtschaft wie vor zwölf Jahren? Es

sei „anders“, antwortet Finanzchef Peter,
weil das öffentliche Leben in einigen Märk-
ten zum Stillstand gekommen sei. Wie lan-
ge BMW das durchhalten könne? Darauf
gibt es keine Antwort, nur eine Finanzzahl:
Die Liquidität sei stark, auf 17,4 Milliarden
Euro könne BMW zurückgreifen.
Wobei sie eben glauben, dass dieses
Geld – verfügbar auf Konten und per Kre-
ditzusagen – gar nicht groß angetastet wer-
den muss: Denn China mache Hoffnung,
sei eine „Blaupause“. Dort hätten die Behör-
den und die Regierung sehr schnell re-
agiert, sehr gravierend auch, aber nun sehe
man schon eine Erholung, erklären die
BMW-Manager. Im Internet etwa gebe es
merklich Geschäftsanbahnungen, auch
die tatsächlichen Verkäufe stiegen wieder,
und beinahe alle Händler hätten ihre Lä-
den wieder geöffnet, was auch SZ-Korre-
spondenten in Asien bestätigen.
Aufgrund dieser Erfahrungen der ver-
gangenen drei Monate könne man eben sa-
gen, so BMW-Chef Zipse: „Wir gehen von
einer Normalisierung aus.“ Und zwar einer
baldigen. Dazu müsse jedoch demnächst
auch ein pragmatischer Umgang mit dem
Virus gefunden werden, selbst wenn er
noch nicht ausgerottet sei, mahnt Zipse.
Die europäische Wirtschaft werde nicht da-
durch genesen, „dass alle zu Hause blei-
ben“. Die Aktionäre scheinen die Hoffnung
auf Normalisierung einigermaßen zu tei-
len. BMW-Aktien notierten am Nachmit-
tag bei knapp 40 Euro, weitgehend unver-
ändert zum Vortag. max hägler

Schnelles Geld


Unternehmer erhalten


Notkredite: Wer was bekommt


und was zu beachten ist 18


Schnelles Ende


Im wichtigen Wirtschaftsprozess


gegen Cum-Ex-Dealer wird


ein Urteil gefällt 20


Aktien, Devisen und Rohstoffe 21,


 http://www.sz.de/wirtschaft


ENERGIEWENDE

Mutwillige


Zerstörung


DEFGH Nr. 66, Donnerstag, 19. März 2020 HF2 17


Auch im Leipziger BMW-Werk werden vorerst keine Autos gebaut.FOTO: JAN WOITAS / DPA

Kommt nicht in die Tüte


Die Läden geschlossen, die Menschen daheim – wie kauft man nun ein,
ohne jemanden zu gefährden? Kann man kleine Geschäfte unterstützen?
Wie sich Konsumenten verhalten sollten

„Vorsichtig zuversichtlich“


Auch der Münchner Autohersteller BMW stoppt wegen der Corona-Pandemie seine Fabriken, gibt sich aber optimistisch


Die Entwicklung in China
mache Hoffnung, heißt es.
Das Land sei eine „Blaupause“

HEUTE


WIRTSCHAFT


Immer mehr Geschäfte und Cafés, wie dieses in Jena, schließen auf unbestimmte Zeit – weil sie müssen. FOTO: JACOB SCHRÖTER / IMAGO

Die deutsche Umstellung


auf Öko-Energie


war mal beispielhaft


Einige Künstler bieten
Musikunterricht übers
Internet an
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