von christof kneer
München– Homestories fallen eigentlich
ins Ressort der bunten Magazine. In jenen
Heftchen, die die vielversprechendsten
Kartoffelschäler und die besten 30 Well-
nesshotels unter 100 Euro prämieren, darf
man manchmal auch ins Wohnzimmer ei-
nes halb oder dreiviertel Prominenten bli-
cken, man sieht dann vielleicht eine Vase
rumstehen oder ein Bild an der Wand hän-
gen und ist dann herzlich eingeladen, sich
den Rest dazu zu denken. Unter dreiviertel
oder ganz prominenten Fußballprofis sind
Homestories traditionell tabu, der Blick
ins eigene Wohnzimmer ist mindestens ge-
nauso verboten wie der Blick in die Kabine,
weshalb bis heute niemand weiß, ob es den
sagenumwobenen Pausentee wirklich
gibt. Der FC Bayern, Arbeitgeber einiger
wirklich sehr prominenter Fußballprofis,
hat die Privatgemächer seiner heiligen Hel-
den nun freiwillig einen Spalt geöffnet,
man sieht die Terrasse von Javi Martinez,
die Wand vom Phonzy Davies, ein Dach-
fenster hinter Leon Goretzka.
Und natürlich, im standesgemäß bayeri-
schen Landhaus-Stil, ein Holzdach und
grüne Fensterläden bei Thomas Müller.
Der FC Bayern kommt aus dem Laptop-
und-Lederhose-Land, weshalb er das, was
er seine Angestellten da gerade tun lässt,
selbstverständlich „Cyber Training“
nennt. Auf der Klub-Homepage kann man
gerade ein paar Sequenzen besichtigen,
man sieht Bayerns Fitnesschef Holger Bro-
ich samt Reha-Coach Peter Schlösser in ei-
nem Fitnessraum an der Säbener Straße,
und nach einem kurzen Rundruf in die an-
geschlossenen Prunkhäuser melden sie ih-
rem Trainer: „Alle vollzählig, Hansi“. Hansi
Flick kommt dann ebenfalls vollzählig ins
Bild, „work“ steht auf seinem ausgezeich-
net ausgesuchten Shirt, er wünscht seinen
Spielern „viel Spaß“ – und dann sieht man,
wie Broich und Schlösser Übungen vorma-
chen oder das Tempo ansagen, und man
sieht die per Tablet zugeschalteten Spieler
hüpfen, radeln und schwitzen. Einmal
läuft Thiagos Hund durchs Bild.
„Das Wichtigste ist, dass wir topfit aus
der aktuellen Situation rauskommen“,
sagt Flick, „wir müssen unser Fitnessni-
veau halten.“ Er ist als Chefcoach immer
noch neu auf dieser großen Bühne, und er
muss plötzlich etwas beherrschen, was
noch nie ein Chefcoach des FC Bayern be-
herrschen musste. Er könnte sich im Mo-
ment eine neue Jobbezeichnung auf die Vi-
sitenkarte schreiben lassen, Hansi Flick,
Hometrainer des FC Bayern.
Er muss ein Team trainieren, das nicht
auf dem Trainingsplatz steht. Er muss Trai-
ningspläne für eine Phase entwickeln, von
der niemand weiß, ob sie zwei oder zwölf
Wochen dauert. Er muss Grundlagenaus-
dauer mit intensiven Intervallphasen mi-
schen. Und er darf die Spieler nicht verlie-
ren, die er nur auf dem Tablet sieht und die
womöglich schon vergessen haben, dass
sie erst ein halbes Champions-League-Ach-
telfinale hinter sich haben. Das Rückspiel
gegen Chelsea findet vermutlich sogar
statt (Ort: Allianz Arena, Termin: irgend-
wann), und dann ist es trotz 3:0-Führung
nicht so schlecht, wenn man sich vor grü-
nen Fensterläden fit gehalten hat.
Möglicherweise hätten die Bayern in
Kleingruppen und unter gewissen Aufla-
gen sogar auf dem Trainingsplatz üben
können, Flick sagt, der Verein habe das seri-
ös geprüft, aber er, Flick, habe sich dann ge-
meinsam mit den Spielern dagegen ent-
schieden, aus symbolpolitisch-morali-
schen Gründen sozusagen. Die Spieler hät-
ten sich so vehement für die stay-at-home-
Kampagne eingesetzt, da wäre es doch un-
verantwortlich gewesen zu sagen: Okay,
ihr lieben Leute, bleibt schön zu Hause,
nur wir heiligen Helden trainieren drau-
ßen auf dem Platz. Also haben die Bayern
ihre Spieler mit Tablets, Pulsgurten, Gum-
mibändern, Gymnastikmatten, Blackrolls
und Spinning-Rädern ausgerüstet und ins
Dahoam-Office geschickt. Aber natürlich
beobachten sie die Lage, und sie gehen da-
von aus, dass sie demnächst mal wieder an
der frischen Luft Sport treiben können.
Auch Flick lernt gerade eine Menge,
zum Beispiel, dass auch ein anspruchsvol-
ler Sportlehrer in dieser völlig neuartigen
Bedrohungslage mal loslassen muss. Die
Fitness der Sportler kann der Trainerstab
kontrollieren, an den Pulsuhren kann Flick
erkennen, ob seine Spieler in ihren angren-
zenden Wäldern resp. Großgärten pflicht-
schuldig ihre Wendeläufe absolviert ha-
ben, 16 Meter Sprint hin, 16 Meter Sprint
zurück, viermal das Ganze. Auch am takti-
schen Detail lässt sich weiterhin lustvoll fei-
len, Flick schaltet sich regelmäßig in Video-
Calls mit kleineren Gruppen zusammen,
mit den Verteidigern, den Mittelfeldspie-
lern, den Stürmern. Auf den Tablets er-
scheinen dann Szenen aus Bayern-Spielen
der Vorrunde, „es gibt dann Aufgaben für
die Spieler“, sagt Flick, „sie müssen sich
reinversetzen in die Szene und ihre Positi-
on, und es geht dann darum, was in dieser
Szene richtig oder falsch gewesen wäre“. Al-
le relevanten Themen könne man auf diese
Weise bearbeiten, den Spielaufbau aus der
Abwehr, das Übergangsspiel im Mittelfeld,
das Spiel ganz vorne im letzten Drittel.
„Mir ist wichtig, dass ich auch über die
Distanz den Kontakt zu meinen Spielern
halte“, sagt Hansi Flick, „ich darf nicht zu
weit von der Mannschaft weg sein, der Fa-
den darf nicht abreißen.“
Nur eines kann der Fußballtrainer Flick
im Moment halt nicht trainieren lassen:
Fußball. Da müssten die Spieler halt mal
daheim gegen die Garagenwand schießen,
sagt Flick, oder im Garten jonglieren oder
sich den Ball von irgendjemandem zuwer-
fen lassen und ihn dann stoppen und los-
dribbeln. So, wie Zwölfjährige das halt ma-
chen, wenn sie auf der Straße rumdaddeln
oder auf dem Grundstück der Eltern.
Natürlich weiß Hansi Flick, dass nicht je-
der seiner Spieler mit dieser Situation
gleich gut zurecht kommt, auch das ist wie
in der Schule. Dem einen Schüler fällt
homeschoolingleichter, der andere braucht
den Lehrer im Frontalunterricht vor sich.
Aber das sei kein Grund, sich zu beklagen,
sagt Flick. Es gehe ja gerade allen so.
Macht’s gut, Jungs, ciao, rufen die Spie-
ler in ihre Tablets, wenn das Cyber Trai-
ning dann vorbei ist, irgendeiner macht im-
mer einen Witz, und zu hoffen steht, dass
Thomas Müller sein Golf-Basecap später
wieder auszieht. Hansi Flick bedankt sich
dann bei seinen Spielern, und alle wissen:
Morgen früh um elf sieht man sich wieder.
LosAngeles– Wer mal durch die Katakom-
ben des Staples Center in Los Angeles ge-
laufen ist, der weiß, dass passieren muss-
te, was dort passiert ist. Die Kabinen der
Basketballteams Lakers und Clippers, des
Eishockeyklubs Kings und ihrer Gegner
sind jeweils nur 50 Schritte voneinander
entfernt. Dazwischen: Pressekonferenz-
Räume, Arztzimmer. Gegenüber: Umklei-
den der Tänzer, Lounges für Familienmit-
glieder der Akteure und jene Leute, die zu
berühmt sind für eine einfache VIP-Loge.
Beim Spiel der Lakers am Nachmittag ste-
hen die Eishockeytore für die Partie der
Kings am Abend schon im Flur bereit – di-
rekt neben jener Tür, an der Mitarbeiter
die Getränke und Snacks holen für die Pro-
minenz am Spielfeldrand.
Es ist eng in dieser ansonsten riesigen
Arena, Berührungsängste gibt es kaum.
Sportler treffen Journalisten in der Kabi-
ne, oftmals noch verschwitzt, man begrüßt
sich auch per Handschlag oder Umar-
mung. Die Akteure begegnen Freunden, Fa-
milienmitgliedern und Prominenten wie
den Musikern Jay-Z oder Beyoncé. Die
Cheerleader der Lakers verlassen die Hal-
le, die „Ice Crew“ der Kings, die in den Drit-
telpausen das Eis säubert, kommt entge-
gen; Helfer tragen Lakers-Plakate raus
und Kings-Souvenirs rein. Wer von der Ka-
bine zu seinem Auto gehen will, legt einen
Halbkreis in den Katakomben zurück, vor-
bei an Umkleiden für die 1700 Leute, die
am Spielfeldrand oder auf den Tribünen
stets fleißig arbeiten. Es geht zu wie im
Ameisenhaufen.
Kein Wunder, dass diese Arena nun als
„Ground Zero“ des US-Sports gilt – mit ver-
mutlich drastischen Auswirkungen.
Die Hälfte aller Basketballprofis aus der
NBA, die mittlerweile positiv auf das Coro-
navirus getestet wurden, hatte in den bei-
den Wochen zuvor dort gespielt – und alle,
die in dieser Zeit dort aktiv waren, hatten
danach wegen des Spielplans Kontakt zu
Akteuren aller 30 NBA-Teams. Zudem wur-
den bis zum Montagabend zwei Eishockey-
profis der Ottawa Senators, die am Tag vor
der Saison-Unterbrechung bei den Kings
spielten, positiv getestet. Beide hatten am
Abend zuvor auch das Basketball-Derby
der Lakers gegen die Clippers besucht.
Nun wird debattiert, warum in den USA
deutlich mehr Profisportler einem Test un-
terzogen wurden als gewöhnliche Bürger.
Das führt zu Überschriften wie in derNew
York Times:„Sie brauchen einen Coronavi-
rus-Test? Reich und berühmt zu sein, könn-
te helfen.“ Das mag sein, NBA-Chef Adam
Silver verschickte schon Mitte Februar ein
Memo an die Teams, sich auf die Pandemie
vorzubereiten. Allerdings ist das nur die
halbe Geschichte, wie der Blick auf die
Spielpläne von Lakers, Clippers und Kings
zeigt. Ihre Tournee führte quer durch die
Vereinigten Staaten: Milwaukee, Brook-
lyn, New Orleans, Boston, Denver, Miami,
Las Vegas, New Jersey, Pittsburgh ...
Es gibt elf Arenen, in denen sowohl Bas-
ketballer (NBA) als auch Eishockeyprofis
(NHL) antreten. Deshalb werden die Sport-
ler dieser beiden Ligen mittlerweile „Super
Spreader“ genannt: Super-Verteiler. Und
das Staples Center gilt als Super-Spread-
Arena. Wie die amerikanische Gesund-
heitsbehörde CDC bestätigte, war es drin-
gend nötig, die möglichen „Super
Spreader“ möglichst rasch zu testen. Es ist
also nicht unbedingt eine Vorzugsbehand-
lung für Berühmte, sondern tatsächlich ei-
ne nachvollziehbare Maßnahme.
Vom Bekanntwerden des ersten Corona-
virus-Falls in den USA am 21. Januar bis
zur Unterbrechung der NBA-Saison sieben
Wochen später fanden im Staples Center
39 Veranstaltungen statt. Zwölf Spiele der
Kings, 19 von Lakers oder Clippers, die Ge-
denkfeier für den verstorbenen Basketbal-
ler Kobe Bryant, zu der Trauergäste aus
dem ganzen Land ein- und ausflogen, dazu
die Verleihung des Musikpreises Grammy,
Konzerte der Rockband Kiss und der mexi-
kanischen Kapelle Banda MS, zweimal das
beliebte Bullenreiten.
Am 10. März spielten die Lakers gegen
die Brooklyn Nets. Vor der Partie umarmte
Nets-Center DeAndre Jordan, einst bei den
Clippers in Los Angeles unter Vertrag, ein
paar Journalisten und auch Arena-Mitar-
beiter am Spielfeldrand. Nach der Partie
sagte der Lakers-Profi Denny Green über
die Desinfektionsmittel in der Arena und
die Mahnung, sich möglichst voneinander
fernzuhalten: „Manche tun es, manche
nicht. Mir ist das egal. Ich gebe weiter Auto-
gramme, schüttele Hände. Extra-Desinfek-
tion ist nicht unbedingt Priorität gerade.“
Einen Tag später wurde die Saison we-
gen des positiven Tests von Rudy Gobert
(Utah Jazz) unterbrochen. Inzwischen sind
vier Akteure der Brooklyn Nets positiv ge-
testet worden (darunter der verletzte Ke-
vin Durant) sowie zwei namentlich bislang
nicht bekannte Lakers-Profis. Der Arena-
Chef Lee Zeidman behauptete, dass eine
Ansteckung über Sportarten und Veran-
staltungen hinweg unwahrscheinlich sei.
Nur: Wegen der Corona-Warnung hielten
die Kings vor ihrer Partie Pressekonferen-
zen und Treffen mit Journalisten dort ab,
wo sich am Abend zuvor die Nets umgezo-
gen hatten – danach gingen sie aufs Eis ge-
gen die Senators.
Es dürfte sich, sagt eine Mitarbeiterin
der Gesundheitsbehörde von Los Angeles
am Telefon, nicht zweifelsfrei klären las-
sen, wie genau das Virus ins Staples Center
gelangt ist. Fest steht: Die Arena im Stadt-
zentrum ist kein Fußballstadion, in dem al-
le zwei Wochen das Heimspiel eines Klubs
stattfindet. Es gibt darin mehr als 250 Ver-
anstaltungen pro Jahr, dazu kommt auf
der anderen Straßenseite eine Halle mit
7100 Sitzplätzen und das Grammy Muse-
um. Ein paar Schritte entfernt: die Messe-
hallen des Los Angeles Convention Center.
„Der unterhaltsamste Ort der Welt“, so
nennt sich das Gelände in Downtown Los
Angeles, das unter dem Begriff „LA Live“
zusammengefasst wird. Wenn alle gesund
sind, ist das ein Ort der Lebensfreude, eine
Stätte der Begegnung, ein Platz für Sport
und Popkultur. Angesichts der Pandemie
wird nun debattiert: War es je möglich, das
Staples Center ordentlich zu putzen, wenn
etwa die Partie der Lakers gegen die Celtics
am 23. Februar um kurz vor 16 Uhr been-
det ist – und um 19 Uhr das Eishockeyspiel
der Kings gegen die Oilers beginnt?
Die Vergangenheit lässt sich nicht mehr
ändern. Bleibt für die Zukunft die Frage,
ob es wirklich megalomanische Erlebnis-
zentren wie „LA Live“ mit mehreren Are-
nen nebeneinander braucht, die bei mehre-
ren Veranstaltungen pro Tag eher durchge-
wischt als gereinigt werden. In Fahrradwei-
te des Staples Center bauen sie gerade ei-
nen Sportpalast für mehr als 100000 Zu-
schauer, in dem zwei Footballteams (Rams
und Chargers) ihre Heimspiele austragen
werden sowie Konzerte und andere Sport-
ereignisse wie ein Tennisturnier stattfin-
den sollen. Daneben kommt eine 6000-Zu-
schauer-Halle für Konzerte, die Oscarver-
leihung und das olympische Volleyballtur-
nier 2028. Dazu: ein 300-Zimmer-Hotel,
2500 Wohnungen, 800 000 Quadratmeter
Bürofläche, Kino, Einkaufszentrum, Res-
taurants. Es kann dann aber niemand
mehr sagen, dass doch keiner ahnen konn-
te, dass dort noch einmal passieren könne,
was im Staples Center im Februar/März
2020 geschah. jürgen schmieder
Super-Verteiler im Ameisenhaufen
War die Multifunktions-Arena in Los Angeles ein Multiplikator der Pandemie? Jedenfalls ist das Staples Center ein Zentrum der Corona-Debatte in denUSA
München– Am Dienstag beriet das Präsi-
dium der Deutschen Fußball-Liga über
das weitere Vorgehen in der Corona-Krise,
die alle Erst-und Zweitligisten vor größte
Herausforderungen stellt. Nach der Video-
konferenz empfahl die DFL-Spitze, die ak-
tuell gültige, aber illusorisch kurze Liga-
spielpause (nur bis 2. April) bis zum
30.April zu verlängern. Formell beschlie-
ßen soll dies nächsten Dienstag die Gene-
ralversammlung der 36 Klubs. Zudem ent-
schied das Präsidium, die Neuvergabe der
Medienrechte für die Saisons 2021/22 bis
2024/25 von Angfang Mai auf Mitte Juni
zu verschieben. Die Liga erhofft sich von
der Ausschreibung Rekorderlöse, doch an-
gesichts der akuten wirtschaftlichen Sor-
gen vieler Interessenten könnten auch hier
unerwartete Abstriche drohen.
Priorität für die Existenzsicherung der
Vereine hat weiterhin, „dass wir die Saison
bis 30. Juni zu Ende spielen zu wollen, so-
weit dies rechtlich und selbstverständlich
gesundheitlich zulässig ist“, teilte die DFL
mit. Die Liga hofft, dass trotz strenger Coro-
na-Vorschriften und skeptischer Progno-
sen führender Virologen noch zeitig genug
zumindest wieder „Geisterspiele“ zugelas-
sen werden. Für dieses Nahziel arbeite
man „unter Hochdruck an Konzepten, Spie-
le zu gegebenem Zeitpunkt – der Situation
geschuldet – auch ohne Zuschauer und mit
einem Minimaleinsatz von Arbeitskräften
(im Stadion) durchzuführen“.
Fredi Bobic, Sportchef von Eintracht
Frankfurt, schlägt vor, dass in einigen Wo-
chen notfalls sogar „täglich Spiele“ stattfin-
den sollen: „an jedem Abend, von Montag
bis Sonntag Prime-Time. Das wäre auch lu-
krativ für die TV-Anbieter, betonte Bobic
(Bild). Nur, wenn die restlichen Spieltage
absolviert werden, können die Bundesligis-
ten ihre Vertragspflichten gegenüber TV-
Sendern und Sponsoren erfüllen. Bei ei-
nem Abbruch der Saison droht den Klubs
aus diesem Haupteinnnahme-Topf ein Ver-
lust von 770 Millionen Euro.
Für kurzfristige finanzielle Entlastung
sorgen bei immer mehr Vereinen intern
verabredete Gehaltsabstriche. Beim Bran-
chenführer FC Bayern sind Spieler und
Führungskräfte lautdpadamit einverstan-
den, dass ihre Bezüge um 20 Prozent ge-
kürzt werden. In schwierigen Zeiten will
auch der Rekordmeister ein Zeichen der So-
lidarität setzen – und negative Folgen der
Krise für die Mitarbeiter vermeiden.
Auch bei Borussia Dortmund verzichten
die Profis auf einen Teil ihrer Gehälter.
Dies bestätigte Geschäftsführer Hans-Joa-
chim Watzke, der ebenso wie Trainer Favre
sowie die Sportchefs Zorc und Kehl auch
selbst Einbußen in Kauf nimmt. Angeblich
wurde den BVB-Spielern ein Stufenmodell
vorgelegt: Finden Geisterspiele statt, wer-
den 10 Prozent der Bezüge einbehalten; oh-
ne Spiele gibt es 20 Prozent weniger.
Schalke 04 plant ein „Maßnahmenpa-
ket“ gegen die Krise, um 650 Arbeitsplätze
zu sichern: „Ich halte nichts davon, wegen
öffentlichem Interesse vorschnell Einzel-
maßnahmen zu platzieren“, sagte Vor-
stand Alexander Jobst (WAZ).Dass es aber
ebenfalls einen Gehaltsverzicht der Spieler
geben wird, bestätigte Jobst. Auch bei Wer-
der Bremen, Bayer Leverkusen sowie bei
den Zweitligisten VfB Stuttgart und VfL Bo-
chum zeichneten sich am Dienstag freiwil-
lige Gehaltskürzungen ab. sz, dpa
Die türkische Trainerikone Fatih Terim,
66, derzeit Chefcoach von Meister Gala-
tasaray Istanbul, ist positiv auf das
Coronavirus getestet worden: „Ich bin
im Krankenhaus in besten Händen.
Macht euch keine Sorgen“, schrieb Te-
rim in den sozialen Medien. Der Erfolgs-
trainer führte die türkische National-
mannschaft bei der Europameister-
schaft 2008 bis ins Halbfinale gegen
Deutschland (2:3). Bei Galatasaray steht
er seit 2017 bereits zum vierten Mal an
der Seitenlinie, 2000 gewann er mit
dem Klub den Uefa-Cup. In der Türkei
sind inzwischen offiziell mehr als 1200
Menschen mit Corona infiziert. sid
Hansi, der Hometrainer
Wie hält der FC-Bayern-Chefcoach Flick ein Team fit, das nicht auf dem Trainingsplatz steht? Die Münchner haben
ihre Profis in ein innovatives Dahoam-Office geschickt, aber Bolzen aufs Garagentor ist dabei ausdrücklich erwünscht
Es gibt elf US-Arenen, in denen
Basketballer (NBA) und
Eishockeyprofis (NHL) antreten
Mäzen Klaus-Michael Kühne setzt im
Machtkampf der Vereinsführung beim
HamburgerSV auf eine Zäsur: „Ich hof-
fe es“, sagte der 82-Jährige derZeitauf
die Frage, ob es zu einer personellen
Neuaufstellung an der HSV-Spitze kom-
men werde. Laut Kühne sollte Marcell
Jansen, derzeit Präsident des e.V., bei
der möglichen Neubesetzung des AG-
Vorstands eine Rolle spielen. Der frühe-
re Bundesliga-Profi Jansen, 34, erlebt
seit Wochen einen Kompetenzstreit
zwischen Vorstandschef Bernd Hoff-
mann, 57, und Sportvorstand Jonas
Boldt, 34. Offenbar sind für Mittwoch
Einzelgespräche zwischen dem Auf-
sichtsrat, Hoffmann, Boldt und Finanz-
vorstand Frank Wettstein geplant. Auch
Wettstein wird ein schwieriges Verhält-
nis zu Hoffmann nachgesagt. Investor
Kühne ist „in der augenblicklichen
Situation“ nicht bereit, dem HSV auf-
grund der Corona-Krise erneut in größe-
rem Umfang finanziell zu helfen. dpa
Als nächster notleidender Drittligist hat
der 1. FC Magdeburg auf Kurzarbeit
umgestellt. Damit reagierte der Klub
auf die Aussetzung des Spielbetriebs bis
30.April. Das Kurzarbeitergeld gilt für
alle Spieler und Mitarbeiter der Ge-
schäftsstelle. Die Beanspruchung von
Staatshilfe soll zumindest einen Teil der
finanziellen Einbußen abfangen: „Im
schlechtesten Fall, wenn die Saison
nicht zu Ende gespielt wird, droht uns
ein Verlust von 2,6 Millionen Euro. Soll-
te die Krise weit über den Juni hinausge-
hen, wäre unsere Existenz gefährdet“,
sagte FCM-Geschäftsführer Mario Kall-
nik. Falls die Liga abgebrochen werden
muss, fände Kallnik „eine Annullierung
der Saison am sinnvollsten“. Vor Magde-
burg hatten bereits ähnlich hart getrof-
fene Drittliga-Konkurrenten wie Halle,
Zwickau, Chemnitz, Jena und Kaisers-
lautern auf Kurzarbeit umgestellt.dpa
Gehaltsverzicht bei vielen Klubs –
auch bei Bayern und dem BVB
Nur wenige Tage nach dem Tod von
Lorenzo Sanz, der an den Folgen seiner
Coronavirus-Infektion mit 76 Jahren
verstarb, bangt der spanische Rekord-
meister Real Madrid um einen weiteren
ehemaligen Präsidenten. Laut Medien-
berichten wurde der 72-jährige Fernan-
do Martin mit Corona-Befund ins Kran-
kenhaus eingeliefert, sein Zustand sei
„besorgniserregend“. Der Chemie-Un-
ternehmer trat 2006 die Nachfolge des
heutigen Real-Präsidenten Florentino
Perez nach dessen erster Amtszeit an.
Nach nur knapp zwei Monaten trat
Martin damals unerwartet zurück. sid
In der Nähe des Staples Center
bauen sie einen Sportpalast
für mehr als 100000 Zuschauer
„Mir ist wichtig, dass ich auch
über die Distanz Kontakt zu
den Spielern halte“, sagt Flick
DEFGH Nr. 71, Mittwoch, 25. März 2020 (^) SPORT HF2 25
Kühne will neue HSV-Spitze
Kurzarbeit auch in Magdeburg
Bundesliga-Pause
bis 30. April
DFL empfiehlt Klubs neue Frist –
Vergabe der TV-Rechte verschoben
Terim an Corona erkrankt
Real erneut in großer Sorge
Ein ziemlich verlassener Ort: das Trainingszentrum an der Säbener Straße im März 2020. FOTO: LACKOVIC/IMAGO
FUSSBALL
Vor dem Staples Center: Basketball-Fans trauern um den am 26. Januar bei einem Hubschrauber-Absturz verstorbenen Lakers-
Profi Kobe Bryant. Der Botschaft folgten die ersten Meldungen von der Corona-Krise in den USA. FOTO: ROBYN BECK / AFP