Flugzeug Classic April 2017

(Dana P.) #1

TECHNIK Aero C-3/C-103


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V


oller Stolz berichtete das tschechoslo-
wakische Fachorgan des nationalen
Aeroclubs Rozlet: »Zwei sich im Glan-
ze eines sonnigen Nachmittages am Firmen-
flugplatz Aeros in Letnany im Norden Prags
spiegelnde zweimotorige Tiefdecker, welche,
umringt von Repräsentanten der Werkslei-
tung sowie dem Vorsitzenden des Betriebs-
rates, feierlich an den Vertreter des Luftstreit-
kräfteführungsstabes Kapitän Korda überge-
ben wurden.«
Das war Balsam für die tschechoslowaki-
sche Seele: Nur zwei Monate nach Kriegsende
entstand mit der »Aero 01« das erste Flugzeug
aus eigener Produktion.

Das vorerst noch als »Aero 01« bezeichnete
Flugzeug war natürlich kein eigener Entwurf,
sondern eine Siebel Si 204 D, die man ab der
zweiten Kriegshälfte in Prag für die deutsche
Luftwaffe herstellte. Dies passte damals aber
nicht zum Selbstverständnis einer Nation, die
gerade damit beschäftigt war, die Wunden
der Kriegszeit und damit insbesondere auch
alles Deutsche zu vergessen.

Produktionsstandort Tschechei
Deshalb waren natürlich auch die Kollabora-
tion mit Hitler-Deutschland und der Um-
stand, dass tschechische Fabriken für die
deutsche Wehrmacht produziert haben, ein

Tabuthema. Immerhin hat man in den techni-
schen Daten zur »Aero 01«die Triebwerke
korrekt als »Argus« bezeichnet.
Als die alliierten Luftangriffe im Laufe des
Krieges zunahmen, musste das Deutsche
Reich immer mehr Rüstungsaufträge an Fer-
tigungsstätten verlagern, die noch Kapazitä-
ten hatten und noch nicht auf den Ziellisten
der Alliierten standen. Außerdem sollten sie
auch abseits der Einflugschneisen feindlicher
Bomber liegen.
Nachdem die Produktionsmöglichkeiten
im Inland erschöpft waren, ging man ver-
mehrt dazu über, auch in den besetzten Ge-
bieten zu produzieren, was zu dieser Zeit vor

Das Ende des Krieges bedeutete auch das Aus für viele deutsche Muster – jedoch nicht


für die Siebel Si 204, die in der Tschechoslowakei nach verblüffend kurzer Zeit ihre


Wiedergeburt erlebte Von Zdenka Nevole und Peter W. Cohausz


SIEBEL-NACHBAU IN DER TSCHECHOSLOWAKEI


Phönix aus der Asche


Rund 1000 Siebel Si 204 D wurden in
der Tschechei für die Luftwaffe produziert


  • später baute man die Maschine in eige-
    ner Regie nach Sammlung Pavel Šimek

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